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Hüffer, Franz. Der Trobador Guillem de Cabestanh. Sein Leben und seine Werke . Berlin: L. Heimann, 1869

213,006- Guillem de Cabestaing

 

I. = No. 695. cod. Est.

Dieses Gedicht wird Guillem de Cabestanh zugeschrieben in A. B. C. E. (1), dem Peire Pujo in D. L., dem Peire Milo in O., dem Arnaut de Maruelh in R. Z., und dem Papier-Codex der Laurentiana, dem Guiraut de Bornelh in Q. Verglichen habe ich B. Z. (Arch. XXXV., 407) und Mahn, Werke d. Tr. I., 169 (2)). Gedruckt ist das Gedicht noch Rayn. Choix III., 106. Brinckmeier Blumenlese p. 96. (3)

Das Gedicht besteht aus fünf Strophen (4) und einer tornada. Jede Strophe zählt sieben Verszeilen, von je zehn Sylben, (5) und zwar alle mit männlichem Reim (accen agut), mit Ausnahme der fünften, welche weiblichen Ausgang (accen greu) zeigt. In jeder Strophe ist nach Dante’s Ausdruck eine Diesis oder Volta, weil eine „reiteratio unius odae“ die Wiederholung einer Weise und zwar vor der Diesis stattfindet (vgl. De vulg. eloq. ed. Fraticelli. p. 240). Nach der volta ist in unserem Gedichte eine fernere Theilung der Strophe nicht möglich. Sie besteht daher aus zwei pedes von je zwei Zeilen und einer cauda von drei Zeilen. Dieselben Reime in derselben Ordnung wiederholen sich gleichmässig in allen Strophen; es finden sich also nach dem Ausdrucke der leys d’amors (I. 270) ,,coblas unisonans.“ Die metrische Formel des Gedichtes lässt sich, wenn man den zehnsylbigen Vers mit grossen lateinischen Buchstaben, den weiblichen Ausgang mit diesem Zeichen ~, die volta durch ein Semikolon und die Theilung der pedes unter sich durch einen Doppelpunkt bezeichnet, in folgender Weise ausdrücken: AB : AB; C~ DD.

Wie sich in dieser Formel zeigt, ist für die fünfte Zeile in derselben Strophe ein Reim nicht vorhanden, dagegen findet sich derselbe an der entsprechenden Stelle aller andern Strophen. Dante bezeichnet eine solche erst in den folgenden Strophen gebundene in der eigenen reimlose Zeile mit dem Worte „clavis,“ die leys d’amors gebrauchen den Ausdruck „rims espars.“ Die Reime selbst sind (immer nach der Bezeichnungsweise der leys d’amors) ,,rims sonans lejals“ oder „rims leonismes simples mit accen greu.“

Auch rührende Reime finden sich, und zwar sowol „rims consonans lejals,“ wie „rims leonismes parfaitz mit accen greu.“

Für ersteres sind Beispiele, II, 11 : III, 18. und manche andere, für letzteres I, 5 : VI, 36 (tornada).

I, 1 : I, 3 : III, 15 können als Beispiel für den „rims leonismes simples mit accen agut“ gelten, jene für ein deutsches Ohr kaum fühlbare Feinheit der provenzalischen Poetik, wo die vorletzte unbetonte Sylbe des Reimwortes mit der entsprechenden Sylbe in der gebundenen Zeile vocalisch gleichlautend ist. Uebrigens mag hier, wie an vielen Stellen das Eintreten solcher Reime mehr Folge des Zufalls als bewusster Kunstübung gewesen sein, wesshalb ich auch die jedesmalige Aufzählung derselben in den folgenden Gedichten für nicht geboten erachte. Dieselben Worte im Versschluss kehren wieder in II. 9 (6) = V. 32, II. 11 = V. 30, II. 13 = VI. 37, und zwar nicht, wie es erlaubt ist in verschiedener Bedeutung (,,rims equivocs“). Es bleibt endlich noch zu erwähnen, dass die Cäsur (,,pausa suspensiva“leys d’amors I. 130) sich stets nach der vierten Sylbe findet, und zwar ist diese Sylbe alsdann der Regel des zehnsylbigen Verses gemäss betont (vgl. leys d’amors I. 132). Ausgenommen hiervon sind II. 11, IV. 28, V. 31, wo die von Diez (Altromanische Sprachdenkmale p. 38) so genannte lyrische Cäsur eintritt. (7) Bemerkenswerth ist, dass in IV. 28 und V. 31 und wenn wir II. 11 mit B. lesen, auch an dieser Stelle die lyrische Cäsur stets nach dem Wort domna fällt. Dieses Wort scheint man mit besonderer Vorliebe in die lyrische Cäsur gestellt zu haben, wofür Belege auch Ged. VII. IV. 25, sowie in dem von Diez a. a. O. p. 95 angeführten Liede (Strophe III., Zeile 4) und in dem ebenda p. 93 mitgetheilten Beispiele sich finden.

 

Noten

1) Meine Kenntniss, welchen Dichtern die ungedruckten Pariser Handschriften die einzelnen Kanzonen zuschreiben, verdanke ich den gütigen Mittheilungen des Herrn Dr. Mahn. Für die italienischen Hss. waren Grützmacher’s Veröffentlichungen in Herrig’s Archiv Band XXXII.–XXXVI. die Quelle.()

2) Hier und überall wo ich bereits kritisch bearbeitete Ausgaben der Gedichte zur Vergleichung heranziehen musste, habe ich stets nur die wichtigsten Varianten und zwar besonders diejenigen berücksichtigt, welche auf einer abweichenden Lesart der benutzten Handschrift, nicht auf einer Konjektur des Herausgebers zu beruhen schienen.()

3) Obgleich die Zahl derjenigen Hss., welche dieses Gedicht unserem Dichter nicht zusprechen, die der für ihn zeugenden übertrifft, so scheint doch seine Autorschaft genügend gesichert, einmal wegen der Güte der Hss., in welchen er genannt ist, dann auch, weil wenigstens keiner der sonst namhaft gemachten Dichter eine gleiche Anzahl der Stimmen auf sich vereinigt hat.()

4) Die Strophen nennt Dante in der vulgaris eloquentia „stantiae“, die Verszeilen „carmina.“()

5) Bei der Sylbenzählung bin ich immer der Ausdrucksweise der leys d’amors gefolgt, welche die letzte unbetonte Sylbe bei weiblichem Versausgange nicht mitrechnen. Dante verfährt, dem Italienischen Sprachgenius gemäss, völlig entgegengesetzt und zählt auch beim rime tronco die fehlende Sylbe eines rime piano mit. So würde er zum Beispiel in unserm Gedichte auch die Reimzeilen mit accen agut für eilfsylbig ansehen.()

6) In diesem Falle würde das gleiche Reimwort verschwinden, wenn man mit der Hs. D. saber statt plazer läse. Alsdann würde II, 9. und IV, 23. ein erlaubter rims equivocs entstehen, indem saber an ersterer Stelle der Plural des substantivirten Infinitive, an letzterer die Verbalform wäre.()

7) Die lyrische Cäsur entsteht, wenn die 3. und 4. Sylbe des Verses von einem Worte und zwar einem Paroxytonon gebildet werden. Dadurch tritt der Hauptton des Verses auf die dritte Sylbe zurück.()

 

 

 

 

 

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