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Appel, Carl. Der Trobador Cadenet. Halle a. S.: Verlag von Max Niemeyer, 1920.

106,001- Cadenet

 

Unechte Lieder.

 

Nachdem der Dichter in der ersten Strophe in wenig üblicher Weise erzählend aufgetreten ist, uns gesagt hat, wie er sich bei Amor über seine Leiden beschwert, beginnt in der zweiten Strophe die direkte Rede seiner Klage, und es scheint, daß er berichten will (v. 8 ff.), wie und wodurch und mit wessen Hilfe seine Dame ihn gefangen nahm und wo er sich ihr ergeben hat (mit Unrecht will Stroński, Folquet de Marselha p. 37* n. 1, die zweite Strophe an die erste Stelle rücken). Es ist, als sollten wir eine Darlegung erhalten, von der Art wie die italienischen Sänger des Ducento sie uns so oft in ihren Versen bieten. Das Programm wird aber nur unvollkommen erfüllt. Wir hören zwar, v. 15, wie die Dame dem Trobador leise genaht ist (so daß er sich keiner Gefahr bewußt werden konnte); und die Augen und die Gnade und das süße Lächeln mögen die Hilfsgenossen sein, deren sie sich bediente, um den Dichter zu umgarnen (per quals. . . mi pres, v. 9). Die Antwort wo er sich ihr ergab (on me mes . . . v. 10) scheint v. 21 gegeben zu werden (et a tengut mon cors en sos ostals). Aber recht klar tritt das alles nicht hervor. Das Lied verliert sich in die übliche allgemein gehaltene Klage und die Bitte an Amor, der Dame ein Gleiches anzutun wie ihm.

Die Tornada wendet sich an Mon Dezir, von dem man nicht recht ersehen kann, was für eine Art von Persönlichkeit dieser Versteckname bezeichnet. Es kann nach den Worten der Verse 44 f. sehr wohl die Geliebte des Dichters sein. Aber wir wissen, daß die Trobadors das Verbum amar auch auf ihre Gönner beziehen. Jedenfalls wäre es das einzige Mal, daß Cadenet sich eines Verstecknamens bedient hätte, und es ist begreiflich, daß man gerade aus Anlaß dieses Namens an einen anderen Autor des Liedes gedacht hat. Den Verstecknamen mon Dezir finden wir bei Gaucelm Faidit und bei Raimon Jordan de Saint Antoni wieder, die sich gegenseitig mit diesem Senhal benennen; und so hat Stroński (Folquet de Marselha S. 37* n. 1) das Lied dem Gaucelm Faidit zugewiesen, der in seinem Gedicht 167, 39 von einer siebenjährigen Liebe spricht, wie der Verfasser unseres Liedes in v. 14 (s. A 224, Str. 1 Mout a poignat Amors en mi delir Longa sazon per q’ieu en sui clamans, Q’en breu aura environ de ·VII· ans Qe·m fetz amar tant fort senes mesura Lieis on perdiei mon joi e m’aventura. Die beiden Gedichte müßten also zu fast genau gleicher Zeit verfaßt sein). Das Gewicht dieser Gründe ist nicht zu verkennen. Freilich das Gedicht ist unter dem Namen Cadenets überliefert, und es bleibt z. B. die Möglichkeit, daß auch er, wie Gaucelm Faidit, den Raimon Jordan als Mon Dezir angeredet habe. Daß Cadenet in Quercy, der Heimatlandschaft Raimon Jordans, gewesen ist, scheint aus 13, 32 hervorzugehen. Und es könnte dann das Lied unter dem Einfluß des älterem Gaucelm Faidit entstanden sein. Es wird aber geraten sein, es nicht unter die Dichtungen Cadenets aufzunehmen, zumal es auch in seinem Stil von dessen Art abzuweichen scheint.

 

 

 

 

 

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