Anhang.
Lieder anderer Sänger, die vereinzelt Bernart von Ventadorn zugeschrieben sind.
B. Grdr. 65, 1, 2.
Die drei Gedichte, welche Bartsch unter den Namen des Bernart de Pradas gestellt hat, finden sich in der Hds. C, zwei davon in E, und zwar in C in der Reihenfolge:
Fol. 165 f.
Sitot mai pres un pauc de dan
Ai sieu pogues mauentura saber
Ab cor lial fin e certa,
E p. 109 die letzten beiden in der gleichen Folge.
C schreibt alle drei Gedichte dem Daude de Pradas zu, E die zwei, welche es enthält, dem Bernart de Ventadorn. Das Register von C aber gibt Bernart de Pradas als ihren Verfasser an, und unter diesem Namen zitiert auch das Breviari d’amor v. 28613 ff. die dritte Strophe des Liedes Ab cor lial fin e certa.
Daß dieses Gedicht nicht von Bernart de Ventadorn sein kann, geht schon aus dem Reim ergul v. 40 hervor. Eine solche Form mit u statt ǫund l statt ĺ ist bei ihm unmöglich. Dagegen findet sich noch jetzt orgul im Dictionnaire Patois-français du Département de l’Aveyron des Abbé Vayssier, Rodez 1879, d. h. in dem Département, welchem Pradas (arr. de Rodez) angehört.
So bleibt uns die Wahl zwischen Daude und Bernart de Pradas. Chabaneau hat vermutet (Biographies des Troubadours, unter Bernart de Pradas), daß wir nur einen Dichter, nämlich Daude de Pradas, anzuerkennen haben. Aber sowohl das Register von C wie Matfre Ermengand kennen Bernart de Pradas, und E mit seiner Zuweisung der beiden Lieder an Bernart de Ventadorn spricht doch auch für den Namen Bernart. So dürfen wir doch wohl bei der Auffassung Bartsch’s bleiben, und vielleicht auch mit ihm das dritte Gedicht (Pariser Inedita S. 37) dem Bernart de Pradas zuschreiben.
Die Form des ersten Liedes: V (5 x 1) a b b a c d d c e e, Achtsilbner, ist dadurch bemerkenswert, daß seine Reime die Vokalskala durchlaufen:
a:
|
a
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as
|
an
|
al
|
ar
|
b:
|
e.
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e.s
|
e.n
|
ęl
|
ęr
|
c:
|
i
|
is
|
?
|
il
|
ir
|
d:
|
o.
|
o.s
|
o_n
|
o˛l
|
o.r
|
e:
|
u
|
us
|
o.n
|
ul
|
|
Dieser Eigentümlichkeit wegen hat Levy dem Gedicht eine sorgfältige kleine Untersuchung gewidmet (Mélanges Wahlund p. 207 ss.) und darauf hingewiesen, daß in der 5. Reihe die Reimendungen von prion v. 29, mon v. 30 (und von orgul v. 40) wohl ähnlichen Klang mit cru 9, dejus 19, reclus 20 etc. gehabt haben müssen, so daß wir auf priun mun, andererseits cru (nicht crü), dejus (nicht dejüs etc.) geführt werden.
Schwierigkeiten macht Reim c³. Die Endung sollte -in lauten. Für v. 28 schlägt Levy reprin vor, für welches er auf einige andere Fälle hinweist. Für v. 25 weiß er keinen Rat. te aus Cα ist in der Tat unmöglich; aber auch ni ben aus E ist ungenügend. Wenn man von E ausgehend bin läse, so würde sich beim Abbé Vayssier bin „osier, brin d’osier“ bieten. Ich denke dabei an: e pus a pres homen e bin (zu home ni ben umgestellt) „und wenn er den Menschen in der Weidenrute (wie einen Vogel) gefangen hält“. Vers 32 würde dann auf dieses Bild zurückgreifen (da bin = vimen, son v. 27 = somnum ist, könnte man für reprin auch an reprimit, mit gelehrtem Vokal, denken).
Ein Lied genau gleicher Form begegnet nicht.
Das Gedicht ist, wie das folgende, nach beiden Hdss. schon bei Bartsch, Denkmäler S. 142 ff. abgedruckt, und so könnten beide hier übergangen werden. Aber die Denkmäler sind im Buchhandel kaum mehr zu finden; der Text wird auch in einigen Kleinigkeiten zu ändern sein. So mögen sie denn hier noch einmal folgen. Mit dem genannten dritten, fraglichen, Gedicht, Pariser Inedita S. 37, machen sie das gesamte bekannte kleine literarische Eigentum des keineswegs uninteressanten Trobadors aus.
Fußnoten:
1) Gleich ausgesprochen wie hier tritt uns die Absicht des Vokalreims kaum in einem anderen Gedicht entgegen. Gavauda aber zeigt die Tendenz deutlich in zwei Liedern: 174, 7 (Jeanroy VI, Romania 34, 521): a: arc, b: erc, c: orc, d: orca (orga), e: erca (erga), f: ongra, ombra, g: arca, und 174,5 (Jeanroy IV, Rom. 34, 513): a: ars, b: ors, c: urs, d: ers (dazu f: ertz bez. etz, g: er, h: ara). Es wird aber auch kein Zufall sein, wenn in 242, 44 Reim b in Str. 1, 2: est, 3, 4: ist, 5, 6: ast lautet, 335, 61 a: anda, c: onda, e: enda, 404, 13: a in Str. 1, 2: ert, Str. 3, 4: art, 5, 6: ort; 461, 51a a1: er, a2: ar, a3: or, b1: ir, b3: ier, 461, 95 a: ut, b: at, c: o.t, f: o.t?, d: il, e: ęl. Fraglicher mag die Absicht sein bei 217, 4b a: or, b: ęr, d: ir, 281,7 c1,2: es, c3,4: us, c5,6: os, 330, 3 b: ar, c: or, d: ir, 364, 23 a: ur, d: ir, e: ar, 381, 2 a: ir, b: or, d: ar, 421, 4 a: ar, b: er, c: ir. (↑)