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Appel, Carl. Bernart von Ventadorn, seine Lieder, mit Einleitung und Glossar. Halle a. S.: Verlag von Max Niemeyer, 1915.

070,021- Bernart de Ventadorn

11. es oder sec? Obwohl auch G es, OR ses hat, ziehe ich sec vor, weil schwerlich dies für es, leichter es für sec, eingetreten ist.
Die Barone tragen die Verantwortung für das Sinken der Liebeslust, weil sie mit dem guten Beispiel des Minnedienstes vorangehen und auch die Mittel für ihn gewähren müßten. Manch einer möchte der Minne dienen; für sich ist er aber nicht imstande dazu. Erst am Hofe eines freigebigen Fürsten kann er beitragen das Trobador-Ideal des Lebens zu verwirklichen. — Bei saber v. 15 kommt es also nicht nur auf das Wissen an, sondern auch auf das Können.
 
17. Mit Recht hat Zingarelli zu t. 22 hervorgehoben, daß amor hier nicht mehr die Liebe, oder wenigstens nicht allein, sondern die geliebte Dame bezeichne. Bernart redet ja wiederholt die Geliebte direkt als Amor an, s. Glossar.
 
18. Die Hdss. lesen entweder:
 
 
don duc ni comte non envei
oder:
don rei ni comte non envei.
 
 
G kombiniert beides: que rei, duc, comte. In v. 19 haben dann die, welche v. 18 duc zeigen, rei, und umgekehrt (G auch in 19 duc). Man darf die Absicht einer Steigerung von 18 zu 19 annehmen. Dann gehört also duc in den ersten, rei in den zweiten Vers. Und dazu paßt, daß im altfrz. Epos immer roi und amirant, nicht duc und amirant, als entsprechende Würden nebeneinander treten.
 
21. no s’en fezes rics: „sich nicht darob reich täte“, d. h. er würde empfinden reich zu sein, würde es aber auch zeigen.
 
28. Die Hdss. haben, abgesehen vom ganz abweichenden R, nebeneinander: ric pretz C, pretz ric(s) Na, fin pretz E, pres fin S, nur pretz M, proeza DGIKO. Es scheint daraus hervorzugehen, daß wenigstens alle Hdss., welche pretz zeigen, auf eine Quelle zurückgehen, die nur dieses Wort, ohne eine Adjektiv, enthielt und dann allerdings eine Silbe zu wenig bot. Ist nun proeza ebenfalls auf diese zu kurze Fassung, als eine andere Korrektur, zurückzuführen, oder haben wir darin die korrekte Lesung zu erkennen? Ich sehe kein Hindernis gegen diese letzte Annahme, der zufolge also ein pezabau zu prez abau verlesen wäre; daraus dann die anderen Lesarten.
 
36. Zingarelli liest son’ a mi; unnötigerweise, da für das betonte Pronomen kein Anlaß vorliegt. Seine Meinung, daß sonar afr. soner im Sinne von „reden“ nicht vorkäme, beruht auf einem Versehen. Beispiele sind im Glossar meiner Chrest. zu finden und begegnen auch im Altfranzösischen.
 
41. Die Wiederkehr des Reimwortes prezanz läßt sich aus den Varianten weder v. 25 noch hier beseitigen.
 
49 ff. Diese Tornadastrophe hat den Abschreibern große Schwierigkeiten gemacht und bereitet solche auch der Textkritik.
Zingarelli hat (p. 49 ff.) in den Hdss. zwei verschiedene Fassungen erkannt:
 
A:
 
Fons salada, bos drogomans
B:
Fonsalada, bos drogomans
 
50
siatz ves mon senhor lo rei,
 
me siatz ves mosenhel rei ;
 
 
diguatz li que mos Azimans
 
e digatz lim que per forfans
 
 
mi ten quar ieu vas lui non vau :
 
mi tene quar ieu ves lui no vau.
 
 
si com a tal nom emperiau
 
si com a tal Torena e Peitau
 
 
   que annet en Normandia,
 
   e Anjau e Normandia,
 
55
   volgra be que covenria
 
   volgra, que be·lh covenria
 
 
qu’agues tot lo mon en poder.
 
qu’agues tot lo mon en poder.
 
Er lehnt A ab, weil er in Aziman die Königin Eleonore sieht und nun in dieser Lesung die enormità del fatto findet, che un amante scriva con perfetta impudenza al marito, e si tratta di un re, scusandosi di non andar da lui, perchè è occupato con la signora moglie! Und er entscheidet sich um so lieber für B, weil er hier in v. 53, 54 die gleiche Aufzählung der Besitzungen Heinrichs II. findet wie bei Wace im Roman de Rou (ed. Andersen I, p. 210, vv. 97-100).
Für Crescini (Nuove postille al trattato amoroso d’Andrea Cappellano, Venezia 1909, p. 79 ss.), der, mit Recht, Aziman nicht für Eleonore hält, fällt jener Grund der Ablehnung der Fassung A fort. In der Aufzählung der Länder Heinrichs II. in B aber fehlt ihm gerade die Hauptsache: England. So besitzen für ihn diese Verse nicht das Verdienst historischer Korrektheit. Er erklärt gerade A für die richtige Fassung und bezieht die Worte si com a tal nom emperiau geschickt auf die Tatsache, daß Heinrich der Sohn der Kaiserin Matilde war. E si badi che Enrico era figliuolo di Matilde imperatrice, la quale morì il 10 settembre 1167 a Rouen: imperatrice, perchè vedova già d’Enrico V imperatore, e del titolo sommo non mai privata dalla devozione de’ Normanni, nel rimanente della sua vita, quantunque sposata, in secondi voti, al conte Goffredo d’Angiò. „Mahalt l’empereriz“, dice la Chroniqueascendante,
 
                                        empereriz de Rume, ne pout estre plus halt.
 
Ed Enrico, il figliuolo di Goffredo e di Matilde, fu appunto designato come „il figliuolo dell’ imperatrice“. Ecco la ragione della frase nom emperiau! Aveva già egli, Enrico, amministrata la Normandia, portandone il titolo ducale; ma ora, allo spegnersi della madre, egli ne diventava ancor più compiutamente signore. E si spiega così l’accenno all’ andata del re in Normandia:
 
si com ha tal nom emperiau,
     que annet en Normandia,
     volgra, que be covenria,
agues tot lo mon en poder,
 
 
nella redazione dallo Zingarelli esclusa. E si spiega anche il vincolo che è tra il non muoversi del poeta e il muoversi invece del re (non vau v. 4; annet v. 6), l. c. p. 82.
Wenden wir uns zu den Handschriften: Auszuscheiden ist zunächst DIK, deren Vorlage in ein Gedicht Peire Vidals hineingeraten ist (s. die Varianten). Es fehlen die Hdss. MRa (und ursprünglich auch N). So bleiben CEG(N)OS.
Zingarellis Fassung A ergibt sich aus ES. Vers 54 ist amet in E ein offenbares Versehen, das durch annet in S korrigiert wird.
 
In v. 53 hat E Si com ha tal nom emperiau d. h. eine Silbe zu viel. S freilich liest emperau, mit richtiger Silbenzahl. Aber emperau existiert m. W. weder provenzalisch noch französisch. Das gelehrte Wort konnte sein i schwerlich verlieren. Überdies stellen die Lesungen
 
 
emperiau A
und:
e peitau B
 
offenbar in solcher Beziehung, daß entweder A aus B oder B aus A verlesen, bez. verändert ist. Auch von dieser Seite kommen wir zu einem ursprünglichen -ri- oder -it-. In der Tat korrigiert Crescini den Vers auch nicht, indem er emperau einsetzt, sondern er streicht si (p. 82, n. 3). Aber si wird nicht nur von ES überliefert, sondern auch von GNO bestätigt. So kommen wir für ES um den Neunsilbner nicht herum.
Die von Zingarelli vorgezogene Fassung B steht in C (doch auch hier nicht ohne daß er korrigieren mußte. Per quieu corena e peitau E tot aniau e normandia v. 53, 54 konnte so nicht bleiben). Aber per forfans, gegen das Zingarelli das ihm anstößige Azimans austauschte, steht auch nur in dieser, als keineswegs zuverlässig bekannten Hds. Für uns, die wir gegen Azimans an sich kein Bedenken hegen, kommt diese Lesart kaum in Betracht.
Nun bleiben aber noch die Hdss. GNO:
 
 
Fonz salada, bos drogomans
50
me siatz mon segnor al rei.
 
digatz li que Mos Azimans
 
me ten, car eu vas lui non vau.
 
si com a Torena e Peitau
 
     e Anjau e Normandia,
55
     volgra, car li covenria,
 
agues tot lo mon en poder.(1)
 
Hier also eine dritte Fassung, ohne die Bedenken von A und B. Denn was Crescini gegen 53, 54 einwendet, ist doch unbegründet. Es gilt für den Dichter, die Länder aufzuzählen, die dem englischen König außer England gehören. England ist selbstverständlich; es ist ja in der Bezeichnung lo rei schon enthalten. Die Deutung von nom emperiau ist, so sehr sie Crescinis Scharfsinn erkennen läßt, zu künstlich. Die Hörer des Liedes hätten die Worte schwerlich in diesem Sinn verstanden. Noch gezwungener ist die Verbindung: ha tal nom emperiau que annet en Normandia. Und wie ist zu erklären, daß durch Verlesen des Richtigen, jene, nach Crescinis Meinung textlich falsche, historisch aber korrekte Zusammenstellung der Länder entstanden sein sollte, welche Heinrich besaß?
 
57-60 stehen nur in G, dessen verhältnismäßige Zuverlässigkeit für dieses Gedicht wir aber erkannt haben, und von zweiter Hand in N. Ihr Inhalt trägt durchaus das Gepräge der Echtheit; nur daß die Verse dem Lied vielleicht erst später beigegeben sind, als der Trobador es mit seinem Spielmann zum Poi sandte, nachdem es früher dem König von England geschickt war. Beide Geleite sind dann für verschiedene Gelegenheiten bestimmt und schließen sich eigentlich gegenseitig aus.
 
58 f. würden dasselbe Reimwort zeigen, wenn wir nicht etwa via in v. 59 als vita zu deuten haben. Die sprachliche Einleitung führt aus, daß diese Form allerdings sonst Bernart fremd, aber doch nicht ohne Analogien bei ihm ist. Und wie paßt „auf dem Wege“ in den Zusammenhang?
Nehmen wir via = vita, so spricht sich in den Versen ein nicht geringes Selbstgefühl aus. Aber solche Äußerungen sicherer Überzeugung eigenen Wertes überraschen ja nicht bei Menschen des Mittelalters und der Renaissance. Übrigens will der Dichter wohl besonders auf den Wert seiner Ermahnungen in den ersten beiden Strophen zurückweisen.
 
59. Neben volran im nächsten Verse würde man hier gern das Futurum sehen. Aber eine Änderung vorzunehmen wird nicht nötig sein.
 
 
Fußnoten:
 
1) Die Varianten s. im Apparat. ()

 

 

 

 

 

 

 

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