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Ernst, Willy. Die Lieder des provenzalischen Trobadors Guiraut von Calanso. "Romanische Forschungen", 44, 2 (1930), pp. 255-406.

243,002- Guiraut de Calanson

Eine Übersetzung der Kanzone gibt auch Jeanroy, Anthologie des Troubadours S. 49.
Wegen der Erläuterung des allegorischen Inhalts ist auf die eingehenden Untersuchungen von Dammann zu verweisen; vgl. hierzu : Archiv 90, 327 (Zenker); Lit. Blatt f. germ. u. rom. Ph. 13, 381 (Schultz).
 
1. celeis. Ich folge mit Appel den Lesarten der Hss.-Gruppen α und ζ (vgl. Stammbaum bei Dammann), die offenbar auf celeis zurückzuführen sind, gegen die isolierte Gruppe γ, die a leis eingeführt hat. Es erscheint celeis durchaus als die ursprüngliche Lesart, während in a leis eine sekundäre Verdeutlichung zu erblicken ist. Dammann und Bartsch-Koschwitz lesen a leis.
 
4. son. Das pleonastische Possessivpronomen der dritten Person erscheint nicht selten statt des zu erwartenden Artikels; vgl. Schultz-Gora, Elem. B. § 179.
 
18. Ich schließe mich der von Zenker, Archiv 90 (1893), S. 328, vorgeschlagenen und von Appel und Bartsch-Koschwitz anerkannten Lesung an. Z. verweist auf die Parallele im Fadet joglar (v. 205–206): „e no ve re, mas fer trop be . . .
 
19. s’en sap aizir. Se aizir = s’arranger (Bartsch-Koschwitz; „sich einrichten” verzeichnet Bartsch, Chrest.², zu dieser Stelle). Appel: se aizir de = sich einer Sache bedienen (mit Verweis auf vorliegende Stelle) gibt keinen Sinn, da man nicht wüßte, worauf en zu beziehen wäre. Ich interpretiere: so gut weiß sie sich einzurichten in bezug auf das Treffen des Zieles (en = darauf). Levy : se préparer, se mettre.
 
20. e vola leu. Die Vorstellung des fliegenden Amor war bekannt. So ändert z. B. der Schreiber der Hs. a wohl unter ihrem Einfluß bei Raimbaut von Orange (Gr. 389, 3) die richtige Lesart v. 16: „Amors rim co·s voilla prim” in „Amors rim can volet prim”. Vgl. Appel, R. v. Orange S. 81.
 
24. e noi lese ich mit Bartsch-Koschwitz nach CDIKR¹R²a² gegen das minder bezeugte mas noi (AEOa¹), das Dammann und Appel anerkennen. E fügt sich m. E. auch besser in den Rahmen der Aufzählung als mas, welches logische Bedenken erregt.
paratge = noblesse. Über die Bedeutungsentwicklung aus „Verwandtschaft” vgl. P. Meyer, Chanson de la Croisade, Glossar; auch Jeanroy–Salverda de Grave, Uc de Saint-Circ S. 198 (Anm. zu XIX, 54).
 
29. les. Ich übersetze mit Raynouard (Lex. Rom. IV, 44), Dammann und auch wohl Bartsch-Koschwitz (vgl. Chrest., Glossar) „glatt”. Es soll angedeutet werden, daß wegen der Glätte der vier Stufen das Ersteigen derselben gefährlich und schwierig ist. Appel will übersetzen „sanft”; ebenso Jeanroy, Anthologie S. 50: „quatre degrés tres doux”.
 
31. barri. G. Riquier erklärt v. 590–94 (M. W. IV, 224):
                    Barris es veramen
                    Ditz so que fora vila
                    Es bastit senes guila (Hs. guiza)
                    Entorn e pres del mur.
 
Es ist also die unter dem Schutze der Burg entstandene städtische Ansiedlung. Vgl. Schultz, Höf. Leben I, 119 ff.
 
32. „Welche (Vorstadt) mehr als die Hälfte der Menschheit in sich aufnimmt”; so verstehe ich mit Dammann die Stelle. Appel: tener = „(besitzen) innehaben, räumlich ausfüllen” und Jeanroy, Anthologie: „lequel (faubourg) occupe plus de la moitié du monde” – und Levy SW 8, 147: tener 5 „innehaben, einnehmen, ausfüllen” ist ebenfalls möglich, da que sowohl Subjekt wie Objekt sein kann.
 
33. peiro übersetzt Dammann fälschlich mit „Steinbank”; es ist vielmehr, was schon Zenker, Archiv 90, 328, berichtigte, „der steinerne Vorbau mit Freitreppe vor dem Portal des Schlosses”. Vgl. Schultz, Höf. Leben 1, 47; Godefroy, Dictionnaire s. „perron”.
 
34–36. Der Sinn ist: der Spieltisch ist so beschaffen, daß man alle erdenklichen Spiele darauf spielen kann; zu allen findet man nach Belieben die Figuren vorrätig. Bei Bartsch-Koschwitz lautet der Text:
                    un taulier tal co·us sai devezir,
                    que negus hom no·i sap nuill joc legir ;
                    las figuras no·i trop a son voler
                    et a·i mil poinz, mas . . .
 
Weder die Interpunktion noch die Emendation no·i (v. 35) gegen no sämtlicher Hss. sind überzeugend; ich halte diese Auffassung für unzutreffend.
 
34. taulier ist nicht, wie Jeanroy, Anthologie, übersetzt, speziell échiquier, sondern ein ganz besonders eingerichteter Spieltisch von der eben geschilderten Eigenschaft. Im allgemeinen bestand der taulier aus vier Teilen (tables) für Trick-track, Schach, Dame- , Mühlespiel. (Vgl Homuth, Vom Einfluss des Lehnswesens . . . S. 258, unter „tables”.) Daher ist auch sowohl von poinz (Zabelsteinen) wie von figuras (Schachfiguren) die Rede. Über Brettspiele vgl. Schultz, Höf. Leben I, 531 ff. 34–35. „Ein Spieltisch, so beschaffen, wie ich euch sagen will”; d. h. ein Spieltisch, mit dem es seine besondere Bewandtnis hat, denn . . .
 
36. Der Vers ist Relativsatz, abhängig von negus om. Über das Fehlen des pron. relativum vgl. Schultz-Gora, Elem. B. § 200.
voler lese ich mit Appel und Bartsch-Koschwitz nach CER¹R² (obwohl nach dem Hss.-Verhältnis plazer als in α und ζ überliefert für besser bezeugt gelten dürfte; Dammann hat: plazer), da plazer als Reimwort bereits in v. 12 auftritt.
 
40. son joc envidat „das von ihm angebotene Spiel”; vgl. Levy SW 3, 110, Appel, Chrest., Glossar, und Bartsch-Koschwitz, Chrest, Glossar unter „envidar”.
son. Das Possessivum bezieht sich auf die handelnde Person; vgl. Tobler, Verm. Beiträge II, 10; Beispiele: Noulet–Chabaneau, Deux manuscrits S. 174; Stroński, Elias Barjols S. 79; Jeanroy–Salv. de Grave, Uc de Saint-Circ S. 195.
 
46. orfres (<aurum fris(i)um <aurum Phrygium). Levy, der SW 3, 597 diese Stelle zitiert, bemerkt dazu, daß fres hier offenbar nicht wie gewöhnlich „Besatz, Borte”, sondern, wie auch bei Peire Cardenal, Gr. 335, 70, Cobla 5 (M. W. II, 200), einen Stoff bedeutet.
 
48. assemblat lese ich (wie Dammann, Appel, Bartsch-Koschwitz) mit ACOR¹R²a¹a² gegen aflamat DIK, alumnat E, als bestbezeugte Lesart. Schultz-Gora (Lit. Bl. 13 [1892], S. 381) bezweifelt die Richtigkeit dieser Lesung; er meint, „de que son assemblat” = „wovon sie geformt werden” habe, da eben gesagt sei: „naisson d’un foc”, große Ähnlichkeit mit Tautologie; er zieht die Lesart von Bartsch, Chrest, vor, der nach DI liest: aflamat = von dem sie durchglüht werden. Da Bartsch den Text nur nach CDEI bearbeitete, hat er natürlich diese durch zwei von vier Hss. bezeugte Lesart gewählt; bei Berücksichtigung aller Hss. erweist sich dagegen assemblat als einwandfrei richtig. Die Bedeutung von assemblat ist nicht ganz klar. Ich verstehe mit Appel: „wodurch sie ähnlich gemacht werden”, d. h.: da alle mit der Liebe zusammenhängenden Empfindungen und Gefühle aus einem Feuer entstehen, sind sie alle gleicher Natur, alle feurig. (Ich betone also un foc = ein einziges Feuer). Vgl. dagegen die Auffassung von Dammann (S. 84): „und ihre ganze Verwandtschaft entsteht aus einem Feuer, von dem sie geformt wird”, die mich ebensowenig überzeugt wie Bartsch-Koschwitz: assemblar = „faire rassembler (?)”; Jeanroy, Anthologie, läßt die Stelle leider unübersetzt.
 
52. ·N Guillem lo marques ist Markgraf Wilhelm VIII. von Montpellier (1172–1202). Dammann gibt als Todesjahr fälschlich – nach Diez? – 1204 an, worauf Keller, Fadet joglar S. 45, Anm. 2, aufmerksam macht; s. Einleitung.
 
53. fai l’auzir. Appel schreibt fa·il auzir und setzt einen hypothetischen Imperativ fa an, den er aber mit Fragezeichen versieht (Chrest. S. XXVII); das Pronomen muß aber doch im Akkusativ stehen – abhängig von faire: laß ihn hören –, wodurch sich zwanglos fai l’auzir, die regelmäßige Form, ergibt.
 
54. Der Vers ist von auzir abhängiger Objektsatz. Jeanroys (Anthologie) Interpretation: „qu’il l’écoute de bon gré, car en lui sont . . .” halte ich für nicht zutreffend.

 

 

 

 

 

 

 

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