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Deutsch
A. Kolsen

I. Nie mehr kann die Minne mir etwas antun, was mir unangenehm wäre, weder Leiden noch Mühsale ; sie hat mir nämlich jetzt so treffliche Hilfe geleistet, dass sie mir die Verluste und Schäden, die ich für meine Torheit (allerdings) mit Recht erlitten hatte, wiedergutmacht, und wenn sie mich je irgendworin betrübte, so verzeihe ich ihr nun die Pein und das Unrecht ; lässt sie doch solche Dame meine Werbungen annehmen, durch die sie mir alles, was sie mich hat erdulden lassen, ausgleicht.
 
II. Sehr gut wusste die Minne mein Herz von anderen Damen zu trennen und alle meine Wünsche auf jene zu vereinigen an dem Tage, wo sie mich zôgernd zu der Schônen kommen liess, aus deren schônen Augen ein freundlicher Blick so in mein Herz eindrang, dass ich mich alsdann nie einer anderen zuwenden konnte. Da erfuhr ich, dass die Augen mir Liebesboten waren ; denn in mein Herz zieht durch sie Kälte und Wärme ein, Lust und Kummer, Mut und Furcht !
 
III. Dieses Schlimme und dieses Angenehme reinigte fürwahr mein Herz so, dass mir alsdann nie der Anblick einer anderen Dame noch alles, was ich früher gesehen hatte, gefiel. So edel und von schöner Art fand ich sie, gütig in allem, was ich sie tun und sagen sah, so dass ich um ihretwillen hinsichtlich der anderen Damen so zurückhaltend wurde, dass ich in der Welt nur sie allein, welche die Minne mich hat erwählen lassen, ersehne und wünsche.
 
IV. Ihretwegen jedoch will ich ALLEN Damen dienen, ihnen Vasall, Freund und Untergebener sein und ihren guten Wert fördern und preisen, aber unbeschadet der Treue (für jene) will ich in meinen Liedern diejenige ehren und loben, die den Vorrang hat, die ich um Gnade bitte, auf dass mir die schöne Freude, die mir erwuchs, nicht entzogen werde ; denn gemäss gutem Brauche soll man bei den besten Frauen Gnade finden und besonders bei denjenigen, denen höchster Wert und Trefflichkeit eigen ist.
 
V. Und für die aufrichtigen Liebhaber gehört es sich, trotz der feindseligen, schmähsüchtigen Mächtigen, dass in ihrer Liebe Macht nicht den Ausschlag gebe, da treuen Liebenden EIN Herz gemeinsam ist. Echte Liebe kommt nämlich dem Adel gleich, und der Adel darf die Liebe nicht zerstören, und es schickt sich nicht, dass dabei Hochmut herrsche. Aber der eine hüte sich, darin dem anderen gegenüber einen Fehler zu begehen ; denn so werden sie imstande sein, sich ihrer Liebe zu erfreuen.
 
VI. Für seine Betrügereien soll ein Liebhaber, wenn es ihm gut ergeht und er dennoch in übler Weise sich nach einer anderen Dame umsieht, Schaden erleiden ; denn so befiehlt es die Minne.

 

 

 

 

 

 

 

 

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