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Deutsch
A. Kolsen

I. Wenn man imstande wäre, seinen Willen von dem, wonach man sich am meisten sehnt, falls man keinen Genuss davon ersehen kann, zu trennen, wäre das eine von den grossen Klugheiten der Welt. Denn von den grossen Torheiten, die es da gibt, ist wohl die grösste, wenn jemand sich wissentlich darauf verlegt, seinem Schaden nachzugehen ; fehlt er doch doppelt. Indes wird ein treuer Freund schwerlich zum vertrauten Geliebten werden, wenn ihm nicht das Gute und das Schlechte, Lust wie Leid zusagt.

II. Alles das würde mir, obwohl es mir sehr übel ergeht, gefallen, wenn die Minne mir insoweit helfen wollte, dass sie mir das verliebte, sehnsüchtige Herz mit einer beglückenden Freude zufriedenstellte. Denn es wäre nach meiner Meinung sehr angemessen, dass derjenige von dem Guten bekomme, der Leid erfährt, so dass ich duldend von ihr (der Minne) hundert Leiden hinnähme, es aber andererseits für mich eine ganz herrliche Freude und Lust wäre, wenn ich nach HUNDERT Leiden von ihr mit EINER Freude entschädigt würde.

III. Indes verliere ich das Gute, wenn ich es erhoffe, wie derjenige, der beim Spielen in Verwirrung gerät, da er, ohne Hunger, Kälte und Müdigkeit zu verspüren, spielt und nicht den Einsatz bekommen kann. Ebenso ist es mir törichterweise in den Kopf gestiegen und ins Herz eingedrungen, so dass ich, je mehr ich dabei verliere, um so häufiger das Wiederbekommen erwarte ; so dumm bin ich. Aber das Erwarten ist nichts als Torheit ; denn zu meinem Schaden bin ich allzu verliebt !

IV. Alles, was zuviel ist, ist vont Uebel; weiss ich doch fürwahr, dass mein übermässiges Steigen, über das jeder schilt, mich hat tief sinken lassen, und deshalb stieg ich so hoch, weil ich den Orion zu fassen gedachte, den man mit nichts in der Welt greifen kann ; auf so kräftige Art verteidigt er sich. Ich fing es jedoch als ein von der Liebe bezwungener Mann voll Ehrfurcht und demütig an, weshalb ich, wenn ich dafür gerecht beurteilt würde, nichts Schlimmes verdiene.

V. Und weil mir bei ihr, wegen der ich mich härme, glühe und zugrunde gehe, nichts nützt, tue ich etwas Verständiges, da ich mit erzwungener Gewalt vermeide, sie zu sehen, und mich verberge. Ich finde jedoch nicht, dass meine Vernunft mir helfe ; vergehe ich doch, wenn ich die treffliche Person nicht sehe, und WENN ich sie sehe, vergehe ich gleichfalls ; denn sie zeigt mir keine freundliche Miene, vielmehr schaut sie, wenn ich sie anblicke, nach einer anderen Seite, und sie nimmt mich nicht auf und will mit mir nicht verkehren.

VI. Meiner Dame gegenüber bin ich, aus edelmütiger Klugheit, demütiger als die Mönche von Grammont ; sie aber ist zu mir von so hochmütiger Art, dass sie mir, wenn ich sie um ihre Liebe bitte, nicht antwortet. Ein Schicksal habe ich, ich weiss nicht wieso, dass ich nie ein Wesen herzlich liebte, ohne dass es mir bald Hochmut zeigte, und die Minne verursacht mir dafür, dass ich mich ihr ergeben habe, solche schreckliche und brennende Qual ; dies ist für mich der ganze Lohn und Dank !

VII. Obgleich ich wie einer, der keine Gnade zu erwarten hat, in schwerer Sorge bin, ziehe recht schnell hin, Lied, meinem Thesaur, dem Monferrat gehört, zu sagen, ich bäte ihn um Verzeihung, dass ich nicht zu ihm zurückgekehrt bin.

VIII. Schöner Diamant, sehr gefällt mir eure Schönheit und auch sehr der Wert, zu dem ihr täglich (mehr) emporsteigt.

 

 

 

 

 

 

 

 

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