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242,008

Deutsch
Adolf Kolsen

Kein Glück ohne Liebe!
 
I. Lieben, Ehren und Wertschätzen, Entgegenkommen und Gehorchen, lange Demut und lange Freundlichkeit, lange Erwartung und lange Hoffnung sollten mich herrlich leben lassen, wenn ich betreffs eines guten “Gebieters” (1) glücklich wäre; aber da ich nicht wanke und nicht weiche, so will die Minne nicht, daßich fröhlich sei.
 
II. Jedoch mein Verstand und mein Wissen, mein Sprechen und mein Gutheißen (2) mein Hoffen und mein Dulden, meine Verschwiegenheit und meine Schüchternheit hätten mich stets mit Liebe beglückt, wenn ich mein Heil anderswo erstrebte; aber die, welche mich in schlimmer Unruhe hält, will nicht, daßich sie liebe noch daßich von ihr lasse.
 
III. Und wenn ihr mein Werben, mein Huldigen und mein Dienen gefiele, so könnten der Umstand, daßich zu viel wache und wenig schlafe, und die Übel, die ich morgens und abends erdulde, mich nimmermehr von ihnen (3) trennen; vielmehr wäre ich der Lust ergeben, und nie sollte mir die Last und das mir im Herzen keimende und entstehende Übel beschwerlich sein.
 
IV. Woran ich erkenne und woher ich weiß, daßdas Leben für mich wirklich schlechter ist als der Tod? — Da ihm (4) doch Freude und Genuß abgeht und die Liebe und ihre Macht mich im Stiche läßt! Warum ich seufze, klage und weine? — Weil Lust mir nicht nützt und nicht hilft; bin ich doch der, welcher am aufrichtigsten und herzlichsten liebt und dennoch (sein Lieb) nicht berührt, (in den Armen) hält und küßt.
 
V. Ein übermäßiges Verlangen, eine allzu heftige Liebe und ein lange gehegter Wunsch kämpfen jetzt in mir, und allzu große Kühnheit, Torheit und Pflichtvergessenheit lassen mich dem nachjagen, was meinem Werte nicht zukommt, und wenn ich törichter Weise zuviel wünsche, so erscheint mein Sinn infolgedessen gar sehr schlecht; jedoch ich bleibe treu und aufrichtig.
 
VI. Denn meine Ansicht und meine Meinung, mein Glauben und mein Urteil haben mir stets gesagt, daß Macht, Ehre und Besitz mir nicht soviel Adel verleihen können wie die, die mich in Liebeskummer leben läßt, sodaß ich, je mehr ich schmachte und abmagere, umsomehr denke und erwarte, daß sie sich zu mir herabläßt.
 
VII. Treffliche Herrin, noch immer steigert ihr eure Tüchtigkeit, euren Wert und euren Ruhm und ihr werdet immer trefflicher, weshalb ich euch treu und aufrichtig zugetan bin.

 

Fußnoten:

1) Wenn ich betreffs einer gewissen trefflichen Dame glücklich wäre, d. h. wenn ich bei meiner Angebeteten Gegenliebe fände. ()

2) Mein verträgliches Wesen. ()

3) Von der Geliebten und ihren Angehörigen. ()

4) Dem Leben. ()

 

 

 

 

 

 

 

 

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