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Deutsch
Adolf Kolsen

Des Dichters Lohn.
 
I. Wenn das Herz mir jetzt nicht recht zu Diensten ist und ich es gegen seinen Willen nicht zu einem scharfsinnigen Lied hinneige, so wird es sich wohl nur, wenn die Notwendigkeit mir Kraft verleiht, solchen zerstückten Worten zuwenden. Einst gab ich mich, weil es mir eher möglich war, mehr als jetzt damit ab (1), sodaß man meine frischen, gereimten, scharfsinnigen und fein geschmiedeten Aussprüche kaum verstand.
 
II. Und wenn ich, worüber sich viele beklagen, wegen der Kälte das Singen unterlasse und infolgedessen geringere Freude habe, wird es dann recht sein, daß mir auch im Sommer Lust, Zerstreuung und Unterhaltung fehlen? Und da ich doch von schlechter Gesellschaft Kränkungen erfahre, so sagt mir doch, womit ich, wenn ich das Singen aufgäbe, mich der gemeinen, rohen Menschen erwehren sollte, die mir übler zusetzen als Schnee und Eis! 
 
III. Und falls mir von der frohsinnigen Person Hilfe, womit ich mich trösten und bescheiden will, bis zum April, bei meiner Rückkehr aus Spanien, nicht zu teil wird, dann wird mir gewiß Blumenflor, Garten, Wiese und der Gesang in den Hecken kaum je helfen und zusagen, und die Gesellschaft andrer bietet mir nicht solchen Genuß wie früher, und ich finde darin kein Vergnügen, weshalb ich mich manchmal davon etwas zurückziehe (2).
 
IV. Jedoch bedenket, ob ich, wenn die Welt mir gegenüber engherzig ist, sodaß ich nur gezwungen darin zurückbleibe, noch in einem kleinen Gehöft Kummer und Leid davon haben würde! (3) Sehr übel daran ist (eben) jeder übermäßig verliebte Mensch; wenn man sich in solcher Lage nicht bessert, würde der Schlauste, wenn er in dieser Hinsicht (4) überwältigt ist, nimmer erkennen, ob er mit seinem Glück und seinem Wunsch langsam oder schnell vorwärts kommt.
 
V. Und da ich von meiner Freundin, für die es sich nicht ziemt, sich so herabzulassen und zu erniedrigen, daß sie mich je in ihre Gesellschaft aufnähme, darin keinen Erfolg zu erwarten habe, steht es schon sehr gut mit mir, wenn sie mich zu dulden geruht und wenn es ihr recht ist, daß ich sie in meinen Liedern die Meine nenne. Wahrlich, ich bin sehr albern und rede dummes Zeug! Warum sollte sie mir gestatten, so befreundet mit ihr zu werden, und was ratet ihr mir also darin?
 
VI. Denn in solcher Bedrängnis hält mich die Minne, daß ich mich um eine hochgestellte, vornehme Dame, die ich nicht nennen darf, ohne Erfolg bewerbe, eine Dame aus fremdem Lande, deren Vasall ich nicht bin, weshalb es mir töricht erschiene zu singen, wenn mir davon Lohn oder Dank nicht zu teil werden sollte. Falls es ihr indes beliebte, meine herrenlosen Lieder freundlichst die ihrigen zu nennen, würde sie (mir) den Wert derselben bedeutend erhöhen.
 
VII. Und sicherlich (5) würde es mir in jeder Hinsicht Freude und Glück bereiten, wenn sie meinen Gesang ruhig duldete.
 
 
Fußnoten:

1) In der dunklen Manier zu dichten. ()

2) ‚Weshalb ich manchen kurzen Urlaub von ihr nehme.’ ()

3) Wahrscheinlich wird auch in der Zurückgezogenheit mein Kummer andauern. ()

4) Von der Liebe. ()

5) ‚Es zeigt mir, wie . . .’, es wäre mir ein Beweis dafür, daß . . . ()

 

 

 

 

 

 

 

 

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