I. Da Ihr Herren mich bittet, daß ich singe, so werde ich singen. Und wenn ich zu singen denke, weine ich zur Stunde da ich es versuche. Schwerlich werdet Ihr einen Sänger gut singen hören, wenn es ihm schlecht ergeht. Geht es mir denn schlecht in der Liebe? Vielmehr besser als je. Also, weshalb bin ich denn verzagt?
II. Ich erkenne, daß Gott mir viel Gut und Ehre erweist, da ich die Schönste liebe, und sie mich (denn das weiß ich wohl). Aber ich bin hier, an anderem Orte, und weiß nicht, wie es mit ihr steht. Das tötet mich aus Schmerz, daß ich nicht oftmals dorthin kommen kann.
III. Doch, wann ich ihrer gedenke, gefällt es mir so, daß, wenn man mich laut anruft, ich nichts davon höre. In so süßer Art zieht mir die Schöne das Herz aus der Brust, daß manch einer sagt, daß ich hier sei, und es auch denkt und glaubt, der mich mit seinen Augen nicht sieht.
IV. Minne, was soll ich tun? Ob ich bei Dir je genese? Vielmehr glaube ich jetzt, daß ich aus Sehnsucht, die mir ankommt, sterben werde, wenn die Schöne mich nicht dort, wo sie ruht, zu sich nimmt, so daß ich sie liebkose und küsse und ihren weißen, vollen und glatten Leib an mich presse.
V. Um Leid und Mühsal lasse ich vom Lieben nicht; und wenn Gott mir dabei Gutes tut, verweigere und verschmähe ich es nicht; und wenn mir Gutes nicht geschieht, weiß ich den Schaden wohl zu tragen, denn manches Mal ist’s gut, daß man sich entfernt, um besser vorzuspringen.
VI. Gute Fraue, Gnade für Euren treuen Liebenden! denn ich verbürge Euch in guter Treue, daß ich nimmer ein Wesen also liebte. Mit gefalteten Händen und gebeugtem Halse liefere ich mich Euch aus und befehle mich Euch. Und wenn die Gelegenheit es gestattet, erzeiget mir freundliche Miene, denn gar großes Verlangen habe ich danach.
VII. Meinem Knappen und mir gebe Gott Lust und Willen als Vaganten davon zu ziehen,
VIII. Und er führe mit sich, was ihm am meisten gefällt, und ich meinen Magneten!