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066,002

Deutsch
Günther Bosforff

I. Ein Sirventes zu verfassen, habe ich grosse Lust, Ihr mächtigen, schlaffen Menschen, und doch weiss ich nicht, wass ich Euch sagen soll; denn ein Lob würde bei Euch nicht angebracht sein, und Euch zu tadeln wage ich nicht, und wenig ist ein Sirventes wert, das lobt, wenn es tadeln sollte. Doch wenn es Euch auch Torheit scheint, mir behagt es mehr, Euch zu tadeln, indem ich die Wahrheit sage, als mit Lügen Euch nach Gefallen zu reden.
 
II. Beide Könige, der von Aragon und der von England, haben eine und dieselbe Sache unternommen: keiner von ihnen will sein Land verteidigen, noch wollen sie einem Menschen Übles tun, der ihnen Übles tat. Und sie üben Gnade und zeigen höfischen Takt; denn den König, der Syrien erobert, lassen sie ruhig ihre Lehen gänzlich behalten. Unser Herr schuldet ihnen Dank dafür.
 
III. Scham ergreift mich, dass ein besiegtes Volk uns so ganz unterworfen und geknechtet hält, und ebensolche Scham, wie ich empfinde, sollte den König von Aragon ergreifen und den König, der die Normandie verliert. Aber ihnen sagt eine Gesellschaft zu, die niemals ihre Pflicht tut, und nie sah man eine andere (Gesellschaft) sich so fein benehmen.
 
IV. Und da er nicht den Brückenzoll erhebt, den ihm seine Bürger in Montpellier nehmen, und sich auch nicht rächt für die Schmach, die er dort erlitten hat, so möge er nie wieder das Gebiet von Carcassonne zurückgewinnen, weil er gegen die Seinen selbst sich nicht verteidigen möchte. Genug tut er (d. h. glaubt er zu tun), wenn er nur in Frieden lebt. (Aber) nicht hat Frieden ein Herr mit grosser Macht, wenn er seine Schande für nichts achtet.
 
V. Nicht möge übermässiges Lob es Frieden nennen, wenn Tüchtigkeit schlecht angewandt wird, denn es ist schlimmer Krieg, und nie wird das von mir als Friede aufgefasst werden; eher sollte es Freude der Bauern und der Reichen heissen, die immer mehr von ihrer Tüchtigkeit einbüssen. Das möge sie nicht allzusehr bekümmern! Denn wenig verlieren sie, und wenig muss es sie schmerzen; denn von wenigem kann man nicht viel wegnehmen.
 
VI. König Alfons hat die Habgier anderen Königen überlassen; er selbst will ja nichts mit ihr zu tun haben, und er seinerseits hat Freigebigkeit angenommen. Schlecht hat gewählt, wenn man ihn deshalb tadeln wollte, und ich sage Euch, es scheint mir Gemeinheit, wenn einer beim Teilen sich das Beste aussucht. Aber er hat doch in keiner Weise Ungebührliches getan, dass er das genommen hat, was sie nicht haben wollen.
 
VII. Ihr erbärmlichen Grossen, wenn ich an Euch Lobenswertes fände, gerne würde ich es Euch sagen. Aber denkt nicht, dass ich mir Zeit zum Lügen nehme; Eueren Dank will ich ja nicht noch Euere Habe.

 

 

 

 

 

 

 

 

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