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223,002

Deutsch
Fritz Naudieth

I. Wie Andrieu, glaube ich, von Todesgefahr bedroht zu sein, Dame, da Milde mir nicht hilft bei Euch, von der ich alles habe, was mein ist; und ich habe Euch wohl viel gedient, treffliche, ausgezeichnete Dame! Wenn irgend ein treuer Liebender sterben muss, weil er dient, ehrt und seine Dame zärtlich liebt, so erkenne ich wohl, dass Ihr mich töten werdet.
 
II. Wenn ich aber infolge eines so feinen Leidens wie der Minne sterbe, wird es mir nicht leid sein; da Euch an mir nichts liegt, Dame, so tut in dieser Sache schnell, was Euch Vergnügen bereitet, und so habe ich Euch mein Sterben beendigt! Wenn Ihr mich am Leben erhaltet, bin ich dagegen der Eure, und Ihr könnt mir Böses oder Gutes zufügen, denn vor Euch bin ich nicht auf der Hut; damit ich Euch dienen kann, möchte ich aber, wenn es Euch gefällt, noch nicht sterben.
 
III. So von Liebessehnen sind mir die Tage erfüllt, dass ich Euch jeden Tag als Tribut hundert Seufzer sende, die mir so das Herz berühren, dass ich mich keines Menschen wegen erhebe, wenn ich sitze. So grosses Verlangen trage ich nach Euch, dass man mich aufweckt, wenn ich schlafe. So macht Ihr mich meiner selbst vergessen, dass ich nicht finden kann, was ich in der Hand halte; und Ihr macht mich den Leuten zum Gespött, wenn ich das suche, was sie mich halten sehen.
 
IV. Minne (Subj.) fand keine trefflichere Dame, welche (Minne) aus Euch meinen Gott machte an dem Tage, an dem sie Euch mir in der Weise gegeben hat, dass eine andere mich nicht als den Ihren besitzen kann. Und wie vergisst mich doch Huld, Dame, reich an guten Eigenschaften! ― Denn, wenn Gott mich Euch gewinnen liesse, kann ich Euch nicht zärtlicher lieben, wie es mir scheint. Je mehr ich von anderen Schönheiten sehe, umso mehr liebe und begehre ich Euch.
 
V. Bei dem geistigen Herrn, ― an dem die Juden im Unrecht sind, der in der heiligen Nacht geboren wurde, um dessentwillen viele Menschen Pilger sind, wovon manches Schiff untergegangen ist - schwöre ich Euch, dass ich niemals gegen Euch einen Fehl beging ausser insofern, als ich die Tränen nicht zurückhalten kann, wenn ich Euch betrachte, sodass ich davon manches glimmende Scheit habe verlöschen lassen, um meine Schande zu verbergen.

 

 

 

 

 

 

 

 

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