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Deutsch
Fritz Naudieth

Strophe I übersetzt: Diez, Die Poesie der Troubadours², S. 126. —
 
I. Es ergeht mir ebenso wie dem Fischer, der da nicht wagt, seinen Fisch zu essen oder zu verkaufen, bevor er ihn seinem Herrn gezeigt hat; denn Minne lässt mich eine solche Dame verehren, dass – sobald ich ein Sirventes oder eine Kanzone oder sonst irgend etwas dichte, wovon ich annehme, dass es ihr gefallen möchte – ich es zu ihr sende, damit sie davon für sich das, was sie davon wollen wird, zurückbehalte und meiner gedenke; sodann ergötze ich mit dem, was sie übrig lässt, mich mit der feinen Gesellschaft.
 
II. So wie feige Verfolger tun, verfolge ich oft das, was ich nicht zu erwarten wage; ich wähne, mit dem Rebhuhn den Habicht zu erjagen; ich bekämpfe, wessen ich mich nicht erwehren kann; wie ein Streiter, der seine Waffe verloren hat, verwundet unter seinem Gegner liegt und trotz alledem das schimpfliche Wort auszusprechen nicht geneigt ist, denn mit Recht hegt er die Erwartung, wieder Vorteile zu erringen, – so geschieht es, und hundertfach ist es erwiesen, deshalb habe ich davon grösseren Mut.
 
III. Mut habe ich, und ich weiss Furcht zu haben und am rechten Orte zu disputieren und zu streiten, und ich weiss Minne zu verheimlichen und ihr gut zu dienen; doch es nützt mir nichts, weil mir das Herz fast springt; denn ich kann keine Verzeihung für ihr Unrecht finden bei der, die weiss, dass ich der Ihre bin und sein werde, denn Minne will dies, wie sie (die Dame) sich auch verhalten mag, und ich viel mehr. Gebe Gott, dass mir Gutes von ihr zuteil werde! Denn ohne sie habe ich kein Heil, und ich kann nicht aufsteigen, wenn sie nicht herabsteigt.
 
IV. Ohne jeden Falsch und ohne trügerisches Herz wird sie mich haben, wenn es ihr gefällt, mich als einen solchen nehmen zu wollen; und nicht achte sie dabei auf edle Abkunft oder hohen Rang, denn Ergebenheit muss jeden Stolz mässigen; und da sie weiss, dass ich mir niemals eine Treulosigkeit gegen sie habe zu Schulden kommen lassen noch ihr trugvollen Sinn hege, – wenn das hier nicht nützt, so herrscht hier nicht höfische Art. Nicht möge sie denken, dass ich je ablassen werde ihr zu dienen; denn zu jedem guten Anfang muss es ein besseres Ende geben.
 
V. Je mehr ich sie betrachte, desto schöner erscheint sie meinen Augen, die mich entflammen und erglühen machen; aber ich weiss wohl, dass sie so hohe Trefflichkeit besitzt, dass dieser Umstand sie mir fortnimmt; aber Huld andererseits kann sie mir geben, deshalb (stehe ich in guter Erwartung darauf) gebe ich die gute Erwartung nicht auf, und ich werde warten, bis aus ihren „Nein“ „Ja“ geworden sind, oder bis küssend sie mich mit ihren schönen Armen umschlingt; denn es kann wohl sein, dass es so geschicht, da ich gesehen habe, wie man anderes Getreide mit Weizen und mit Blei Silber verfeinerte.

 

 

 

 

 

 

 

 

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