Die Treue ist der Ehre Mark
I. Lust, Gesang, Kurzweil und Artigkeit gefällt mir, aber es behagt mir nicht, daß ich allein mit Verständnis singe und allein mich belustige; denn ich sehe kaum, daß Scherz mit Freude mich dabei unterstütze. Deshalb halte ich mich davon fern und auch darum, weil ich mich über einen meiner Herren zu beklagen habe, der mir mit Lust wiederzuerlangende Hilfe versprochen hatte. Aber die Hoffnung und das Gute und das, wodurch ich am meisten gelte (
1), rettet mich aus Mühsal, weshalb mein Argwohn umschlägt, sodaß sich mir zugleich mit der Lust ein Gegenstand (
2) darbieten wird.
II. Und die ungeheure Unruhe, die dummerweise entstanden war, soll aufhören, da ich töricht werbe und den Hof mache; gibt es doch überhaupt nicht drei, denen davon so oft (
3) Leid ohne Gewinn zuteil würde! Und doch verbleibe ich bei den treuen Liebhabern, denn wenn ich mir vornehme, anderswo auf Eroberungen auszugehen, sagt mir sowohl meine Treue als auch zeigt sie mir in ihrem Spiegel (
4), daß, wenn einer fehlt, um zu fehlen, ihm das weder zur Ehre noch zum Nutzen gereiche; vielmehr entstehen zwei Schäden, und besser würde es sein, es wäre nur einer (
5).
III. Aber soviele Unbilden habe ich darin geheim gehalten, über die ich mich hätte beklagen können; indes lasse ich mich nicht oft auf Klagen ein und verliere nicht leicht die Fassung. Auf alles Glück möge verzichten, wer mir je sagt und mich lehrt, daß ich mich so schädige; denn wenn gute Liebe den treuen Liebhabern lange Zeit fehlt, so macht ein Monat das alles wieder gut, weshalb ich wahrlich (
6) keine Lust habe, wenn eine Dame plötzlich ihre Gesinnung wechselt, ihretwegen meinen Wert zu verlieren; vielmehr werde ich wahrhaft und gut bleiben, denn niemals stand Betrug einem Verliebten wohl an.
IV. Aber der Betrug ist eingedrungen, der auf beiden Seiten häßliche Verwirrung stiftet, denn keiner, der küßt oder liebkost, nimmt jetzt teil an einem Turnier oder ruft sein Feldgeschrei; daher ziemt es sich für eine vornehme Dame nicht, sich einem zuzugesellen, der, sobald sie ihn ausgezeichnet hat, sich dessen wohl nimmermehr würdig erweist. Ich wünschte sehr, sie überzeugte sich, bevor sie ihm artig begegnet und ihm Handschuhe und Spange gibt, ob man gut davon sprechen wird (
7); denn von kostbaren Gaben soll man nur in hübscher Weise zu reden haben (
8).
V. Und die Aufforderung, die an mich gerichtet werden sollte, hat sich für mich verzögert, und ich warte darauf. Obgleich sie langsam kommt, steht meiner Meinung nach die Angelegenheit für mich nicht schlecht. Warum mache ich, obwohl ich darin eine Dummheit begehe und das Erhoffte vielleicht gar nicht eintrifft, doch ein gutes Geschäft damit, wenn ich mein Gold für Zinn hingebe (
9)? Weil, wie wir bei den Schriftstellern lesen, Torheit in vielen Dingen hilft. Freuden und Belustigungen haben jedoch jetzt sehr nachgelassen, da Frauendienst sich anders gestaltet hat, und es gab eine Zeit, wo man um eines Handschuhs willen wohlgemut und lustig war.
VI. Aber es ist sehr albern, daß ein Mann treu liebe ohne Gegenliebe und ohne Liebesgenuß, unter der Bedingung, daß diejenige herrsche, der es gar nicht peinlich ist, wenn er dabei sehr abmagert (
10), und ist man auch ärgerlich darüber, so ruhe sie immerhin und bade und kräftige sich (
11), mag auch das Leid zunehmen für den, der gefangen und verliebt ist! Die Liebe sollte ihn fortan gar nicht bekümmern; scheint es mir doch nicht recht, daß einer Sehnsucht empfinde, vergeblich harre und in Sorgen lebe und daß sie dann von anderensüße Lieder singe (
12).
VII. Aber wer auch immer keift, ich verlasse die Fahne nicht, was mir einige Freude bereiten würde, wenn das frühere Band nicht zerrissen (
13) wäre.
VIII. Gott befehle ich meinen Sobre-Totz, Joios.
IX. Und ich möchte gern mit ihm zusammen sein.
Fußnoten:
(1) Die Treue. (↑)
(2) Ein Thema. (↑)
(3) Wie mir. (↑)
(4) D.h. an Beispielen. (↑)
(5) Der Ungetreue geht der Ehre und des Vorteils, des Genusses verlustig; dem Treuen dagegen entgeht höchstens der Vorteil, während die Ehre ihm erhalten bleibt. (↑)
(6) ‚Und du glaubst mir doch?‘ (↑)
(7) ‚Ob der Widerhall davon ein guter sein wird.‘ (↑)
(8) ‚Pflegt man ein artiges Gerede zu veranlassen.‘ (↑)
(9) Das soll heißen: wenn ich meiner Dame mein Gold, meine reine, aufrichtige Liebe schenke, um dann vielleicht von ihr mit Zinn, mit Untreue belohnt zu werden. (↑)
(10) ‚Trocken, dürr ist wie Brennholz.‘ (↑)
(11) ‚Verbessere ihre Farben.‘ (↑)
(12) Daß sie bei ihren Liebesliedern an andere Männer denke, daß sie andere liebe. (↑)
(13) ‚Entzweigegangen.‘ (↑)