Laßt uns besser werden; gleich wird’s besser sein
I. Ein leichtes, einfaches Liedchen müßte ich füglich machen, um es dem Delphin nach der Auvergne zu schicken. Wenn es aber auf seinem geraden Wege Herrn Eble fände, könnte es ihm wohl kundtun, daß nach meiner Meinung die Mühe nicht darin besteht, daß man ein Werk verdunkelt, sondern darin, daß man es verständlich macht.
II. Und wer ein Messer nicht mit einem harten Wetzstahl abziehen will, soll nur nicht daran denken, es auf einem weichen Pelz zu schärfen (
1); denn Gott machte zum Genießen keineswegs Wasser aus Wein, sondern er erstrebte Höheres und ließ zu seinem größeren Ruhme aus dem früheren Wasser hernach Wein werden.
III. Und wer sich in seinem Gehöft, wo man ihn nicht zwingen kann, rühmt, daß er helfen werde, hinterher aber es nicht tut, sondern darüber nur lacht, hat Grund genug sich zu bessern, und wenn einer seine Gläubiger* mit bloßem Schwatzen zu befriedigen vermeint, so möge Gott keinen seiner Wünsche (
2) begünstigen und ihm nichts zuteil werden lassen!
IV. Deshalb will ich betreffs eines scharfsinnigen Mannes, welcher das, was das Beste für ihn ist, zu wählen versteht, keine Lehre geben und mache mir um ihn keine große Sorge; hingegen wende ich mich, weil ich nicht anders kann — so zuwider ist es mir — , ein wenig ab (
3), wenn einer unter so und so vielen Leuten nicht eine gewisse Anzahl auszulesen vermag und beim Verteilen nicht weiß, was einem jeden gebührt (
4).
V. Und wenn die Taten trefflich sind, sodaß sie den Wert erhöhen, sind sie am Ende (
5) so geeignet einen zu leiten, daß man es gewahr wird; denn der Weise sagt mir, ich solle keineswegs mitten im Streite jemand für sein gutes Fechtenund für große Schläge loben, da der Ruhm vom Ende abhänge (
6).
VI. Und wer je die Wertschätzung, die man zu lieben pflegt, an einem Faden schweben läßt, wird nachher schwerlich imstande sein, jemand zu finden, der die Schnur befestigt, wenn sie reißt; denn fast allgemein sind die Reichen geizig, sodaß, während doch (
7) Ruhm, Prachtentfaltung und Lust durch sie sich aufrichten und zurückkehren sollten, sie dieselben verscheuchen.
VII. Aber unter tausend (
8) nehme ich einen (
9) aus, wage jedoch nicht ihn zu nennen aus Furcht vor dem Vorwurf, als wollte ich mich bei ihm einschmeicheln (
10). Kann das doch überhaupt so schnell (
11) nichts bessern, und wirklich werdet ihr ihn abends (
12) nie etwas sprechen hören, ohne daß morgens (
13) der gleiche Lärm darüber entsteht (
14).
VIII. Jetzt wende ich mich demütig an meinen teuren „schönen Gebieter“; nichts anderes weiß ich ihm zu sagen, als daß seine Liebe mich tötet. Ach, einen schlimmeren Mörder konnte ich mir gar nicht ausersehen*, sodaß ich jetzt keine Ruhe finden kann; vielmehr quäle ich mich und bin so bekümmert, daß mein Gesang schon dem Erlöschen nahe ist.
IX. Und ich sollte es meinem Sobre-Totz mitteilen und ihm sagen, daß, wenn er mich im Stiche läßt, der größere Schaden auf seiner Seite sein wird!
Fußnoten:
(1) Man soll sich seine Arbeit nicht zu leicht machen, sich keine Mühe verdrießen lassen. (↑)
(2) ‚Was er wünschen mag, gar nichts möge Gott ihm fördern.‘ (↑)
(3) Um meinem Unwillen Luft zu machen. (↑)
(4) ‚Wem wie?‘ (↑)
(5) Nach ihrer Ausführung. (↑)
(6) ‚Am Ende hänge.‘ (↑)
(7) ‚In der Weise, in dem Maße, wie . . .‘ (↑)
(8) Unter vielen Reichen. (↑)
(9) Einen, der nicht geizig ist. (↑)
(10) ‚Ihm das Kissen zurechtlegen.‘ (↑)
(11) ‚Vom Abend bis zum Morgen.‘ (↑)
(12) ‚Nach dem Abendessen.‘ (↑)
(13) ‚Nach dem Schlafen.‘ (↑)
(14) Das soll wohl heißen: dieser eine edle Reiche ist bei den zahlreichen engherzigen Leuten seines Standes äußerst unbeliebt; er braucht nur etwas verlauten zu lassen, stets hat man sofort an seinen Worten etwas auszusetzen. (↑)