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242,022=023,001a

Deutsch
Adolf Kolsen

Der König als Liebhaber
 
I. ‚Wohl gefiele es mir, Herr König, daß Ihr, falls Ihr ein wenig freie Zeit habt (1), mir gütigst die Wahrheit sagtet, ob Ihr glaubt, daß in Eurer Liebe eine gute Dame so viel Ehre genieße, wie von einem anderen wackeren Ritter, und haltet mich deshalb nicht für einen Feind, sondern antwortet mir freimütig!‘
 
II. „Giraut de Bornelh, wenn ich mich nicht selbst mit meinem Wissen verteidigte, — ich weiß wohl, worauf Ihr hinauswollt. Ich rechne es Euch jedoch fürwahr als Torheit an, wenn Ihr glaubt, daß ich wegen meines hohen Standes weniger zu einem wahrhaften Liebhaber tauge! Ebenso könntet Ihr einen Heller gegen eine Mark Silber abschätzen (2).“
 
III. ,Mir scheint, Herr, so wahr Gott mich schützen möge, von einer Dame, welche auf Trefflichkeit hält, daß sie darin um der Habe willen nie fehlen und niemals deswegen einen König oder Kaiser zu ihrem Liebhaber (3) machen solle; das ist meine Meinung, und sie braucht es auch nicht; denn Ihr vornehme, hochgestellte Leute, wollt von ihnen nur den Liebesgenuß.‘
 
IV. „Giraut, und ist es nicht schöner, wenn der Mächtige seiner Dame Ehrfurcht zu erweisen versteht und für sie das Herz mit der Macht vereint? Schätzt sie ihn dann, wenn sie ihn zum Herrn hat, wegen seiner Macht weniger, es müßte denn sein, daß sie ihn schlecht oder hochmütig findet? Pflegt man ja doch im Sprichwort zu sagen, daß derjenige, der mehr vermag, das Bessere erhält.“
 
V. ,Herr, sehr großen Schaden erleidet Frauendienst, wenn er die Erwartung und die gute Hoffnung einbüßt; denn viel Wert hat vor dem Beiliegen das Verhalten des treuen Bewerbers. Aber Ihr Mächtige, verlangt, weil Ihr größer seid, das Beiliegen zuerst, und ein allzu leichtfertiges Herz hat eine Dame, welche denjenigen liebt, der nicht um sie wirbt.‘
 
VI. „Giraut, niemals bezeichnete ich mich als sehr mächtig beim Gewinnen einer guten Dame; aber auf die Erhaltung ihrer Freundschaft verwende ich wohl die Kraft und den Wert. Wenn die Mächtigen Betrüger sind und nicht heute so wie gestern lieben, so glaubet darin in Bezug auf mich keinem Verleumder, denn ich liebe die guten Damen ehrlich!“
 
VII. ,Herr, von meinem Solatz de Quer und von Herrn Topiner würde ich wohl wünschen, daß sie offen Damen liebten.‘
 
VIII. „Giraut, jawohl, in leichtsinniger Liebe! Aber mir gebet keinen von ihnen zum Nebenbuhler, denn ich habe deren hundertmal mehr, als mir lieb ist.“

 

Fußnoten:

(1) ‚Vorausgesetzt, daß ich bei Euch ein wenig Muße sähe.‘ ()

(2) D.h. daß ein König in Liebessachen weniger gelten solle als jeder beliebige wackere Ritter, ist ebenso unrichtig wie etwa die Behauptung, daß eine Marik Silber einem Heller an Wert nachstehe. ()

(3) ,Aus einem König . . . ihren Liebhaber.‘ ()

 

 

 

 

 

 

 

 

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