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Deutsch
Adolf Kolsen

Die Sucht zu glänzen
 
I. Warum ist es, wenn ein Gesang wohl verstanden wird und wenn er Tüchtigkeit und Wert aufweisen sollte, von einem Trobador häßlich, sein Lied, sobald es bekannt ist, selbst zu loben? Weil es sich beim Vortrag wohl zeigt, ob ihm dafür Tadel oder Lob gebühre.
 
II. Und anerkannte Tüchtigkeit währt immer gleichmäßig, wenn der Herr auf ihren Zustand achtgibt; denn so wird er schwerlich übertroffen werden. Wer aber sehr stürmisch ist, kann es gewiß nicht verhüten, daß er vor der Zeit brach liegt.
 
III. Und gute Freundschaft von Liebenden bringt, falls man sie behutsam pflegt, gute Frucht und gute Blüte, wenn sie jedem zum Heile gereicht; und wenn ihr je als treuer Liebhaber ein Wesen gewinnt (?), so nähert euch nicht mit Prahlerei, vielmehr müßt ihr (euch nähern) mit Edelmut und Milde.
 
IV. Denn ich habe unter den Liebhabern solche gesehen, die stumm waren, sich aber nachher als Prahler herausstellten; entstand dann unter ihnen Streit, so hörte die Prahlerei verspottet auf; befindet sich doch einer, der gar zu viel prahlt, überall (1) in schlimmerer Gefahr als ein Schiff.
 
V. Der Vers, welcher als das Werk eines guten Trobadors gehört und in Umlauf gesetzt ward, kehrte hernach, als das Lied allgemein bekannt war, unter falscher Flagge segelnd zurück, sodaß jemand, wie der Pfau gegenüber der Krähe, klagend sein Eigentumsrecht an den Aussprüchen geltend machte, die ein anderer gestohlen hatte.
 
VI. Ihr saht schon reiche Leute, die durch ihr freigebiges Schenken heruntergekommen waren, weil ihr Wert infolge ihres törichten Gebarens dahinschwand, und wen sein Verstand nicht leitet, der kann mit nichts zu Rande kommen, vielmehr erscheint er am Ende als ein armseliger Tropf.
 
VII. Und ich, der ich um eures Wertes willen, guter König, hierher gekommen bin und mich da nicht zu einem Windmacher (2) begebe, ich mache von dem Vers Gebrauch, wenn er eurem Geschmack völlig entsprechen wird (3); denn ich weiß, daß ihr uns Führer und Vater des Wertes seid und die Schlüssel (dazu) besitzet.
 
VIII. Und eure Kraft wächst immer mehr, wem es auch scheinen mag, daß sie sich von der rechten nach der falschen Richtung wende, und Gott möge sie euch gnädig erglänzen lassen; wie gern möchte ich euch dienen und wage es nicht!

 

Fußnoten:

(1) ,Innerhalb oder außerhalb seiner Behausung.‘ ()

(2) ,Erzähler‘, Schwätzer. ()

(3) ‚Wenn er ganz nach eurem Urteil schmecken wird.‘ ()

 

 

 

 

 

 

 

 

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