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242,052a

Deutsch
Adolf Kolsen

Die Schlechtigkeit der Welt
 
I. Meine Zunge kann nicht umhin zu sagen, was mein Herz ihr aufträgt; denn das Herz handelt nach Art eines Herrn, da es jederzeit die Glieder in seiner Botmäßigkeit hat. Demnach scheint es mir, wenn solche Rede nicht eben höflich ist, wohl ausgemacht, daß die Zunge sich mit Botmäßigkeit entschuldige, denn sie ist ohne Lüge des Herzens Magd.
 
II. Die Welt hat sich aus einer gesitteten in eine gemeine und verderbte verwandelt; mehr gelobt wird, wer alles nach Belieben wegnimmt, als derjenige, welcher gemäß seinem Reichtum gibt (1), sodaß der Gemeine schlechte Menschen ermutigt und ein Elender den andern einweiht *(?). So mancher geht als Räuber, anstatt das Seinige zu verschenken, und wir wollen uns vor solcher Gewalttat ihrer Schändlichkeit wegen wohl hüten!
 
III. Mithin findet keine Anwendung, was Paulus zu lehren (?) pflegte, welcher in seiner Schrift also sagte: „Mehr gelobt wird, wer seinem Nachbarn gibt, als derjenige, welcher nimmt“ denn jetzt pflegt der Edelmut sich entgelten zu lassen, und nicht rate ich, jemand zu entbieten, der entscheiden soll, was besser und ehrenvoller sei. Nehmen oder Geben; denn die Schurken werden sich dafür verbürgen wollen, daß Geben nicht soviel gilt wie Nehmen.
 
IV. Und wenn die Guten ihr Recht gegen die Schurken werden verteidigen wollen, so werden sie meines Erachtens nimmermehr dazu imstande sein, weil ihr (2) Unrecht zu stark ist, als daß man es vernichten könnte. Was würde ihnen denn, da auf einen Guten hundert Schlechte kommen, ihr Zeugnis gegen die verwünschten (3) Schurken nützen? Wenig oder nichts, das möchte ich wahrlich meinen (?).
 
V. Und da die Guten die Macht verloren und die verächtlichen Schurken und schmähsüchtigen Verleumder mit arglistigem, trotzigem und grausamem Herzen sie geraubt haben, was werden sie da tun, wenn Gott nicht Rache nimmt? Sollen sie aufhören, ihr Wollen zu bezeugen? Ich rate es ihnen nicht,
so gewiß Gott mir ein gutes Jahr geben möge! Lieber will ich gutes tun, ohne (irgend eine) Ehre zu genießen, als mit arger Prahlerei geschätzt werden.
 
VI. Ziehe ich es doch bereitwillig ohne kindischen Leichtsinn vor, in Wiese oder Garten ein Lamm zu sein als ein Wolf oder ein Bär, obwohl ich dabei die Sorge hege, zerrissen zu werden oder schweren Kummer zu haben. Wer nämlich als guter Mensch stirbt, gewinnt wenigstens soviel, daß Gott ihm bei sich Ehre erweist, und er hinterläßt seine Söhne reich an seinem Ruhme; in der Welt gibt es keinen Reichtum, der diesem gliche!
 
VII. Freund Bertrand, der ihr so einsichtig seid, wenige kenne ich, die im Vergleich mit euch auch nur einen Handschuh wert wären. Fasset Mut, da ihr euch ohne Zweifel hohe Verdienste erworben habt! Bleibt dessen eingedenk!

 

Fußnoten:

(1) Nur derjenige ist zu loben, welcher im Verhältnis zu seinem Vermögen gibt; wer aber mehr oder anderes verschenkt als er selbst besitzt, verdient nicht weniger Tadel als wer „nach Belieben wegnimmt“ da er ja auch, zum mindesten teilweise, die Mittel für seine Freigebigkeit auf unrechtmäßige Weise erwerben muß. ()

(2) Der Schurken. ()

(3) ‚Gegen die Schurken, deren Köpfe Gott spalten möge.‘ ()

 

 

 

 

 

 

 

 

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