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Deutsch
Adolf Kolsen

Leben und leben lassen!
 
I. Da unser Herr uns in solchen Hafen geschickt hat, ist es wohl recht, daß wir ihm freudig dafür danken, und ein jeder bemühe sich geflissentlich, daß ein so vorzüglicher Führer, dem Erde, Meer, Regen uud Wind dienen und gehorsam zu sein wissen, gelobt und gepriesen werde, und wer ihn werthält, kann ganz sicher sein, daß ihm bei der Vergeltung hundertfacher Lohn zuteil werden wird; nie wird sein Dienst so gut angebracht sein!
 
II. Und weil wir wissen, daß Gott sein Wort niemals gebrochen hat noch brechen wird, daß vielmehr seine Wohltaten immer mehr zunehmen (1), muß unsere Freude über ihn groß sein; denn wahrscheinlich wird er, der die Gebrochenen, die Hinfälligen und die Schlechtgenährten aufnimmt und gesund leben läßt, die reuigen Mächtigen, wenn ihr Herz an ihrem Werke kenntlich wird, viel besser belohnen als die schuldigen Armen, da ihre Beichte mehr gilt.
 
III. Deshalb müßte einer, je mächtiger er ist, sich umso mehr bemühen, ihm möglichst zu gefallen, da hübsche Ausstattung, gute Kost, höfisches Wesen und Belustigung ihm nicht schaden, sobald der heilige Geist in ihm Wurzel schlägt, und wenn nur seine Lebensführung eine angemessene ist, braucht er wegen seines Aufwandes nicht zu fürchten, daß unser Herr die Reichsten (2) und Trefflichsten ohne Hilfe lasse, falls nicht eine andere Veranlassung ihnen diese entzieht.
             
IV. Und ich glaube nicht, daß bei anerkannt (3) rechtbeschaffenem Vergnügen, wenn eben das Herz und der Glaube dabei nicht Schaden leiden, demjenigen dereinst die Billigung versagt werde, der nicht traurig leben kann (4), sodaß ich jetzt unwillkürlich soviel Pein und Kummer empfinde, daß ich notgedrungen ein unhöfliches Lied anstimme, in welchem ich wieder einmal von den engherzigen, gemeinen Reichen zu reden gedachte, weil Gastfreiheit und Freigebigkeit abgenommen haben.
 
V. Und müßte ich nicht in anderem mit mir zu Rate gehen, woran ich beständig denken muß (5) so würden sie so arg ausgescholten werden wie noch nie, und je mächtiger einer ist, umso mehr (6) hätte er zu erwarten, weil Lust und Jugendsinn geschmäht und Tüchtigkeit vertrieben ist, ohne daß sich Hilfe und Gönner für sie fänden. Denn wie die Mächtigsten den Anfang damit gemacht haben, dem Vergnügen obzuliegen, so unterdrücken sie es jetzt; so wenig Hochherzige gibt es, die der Aufwand nicht erschreckte.
 
VI. Und könnte man das Erscheinen des Todes für einige Tage aufhalten, so wäre es gewiß erfreulich, etwas dabei zu gewinnen (7), und das Unrecht, das man damit beginge, wäre nicht so bedeutend; aber ich glaube, daß ihr niemals einen, der dem Tode nahe war, saht, dem ein Freund, Wissen, Verstand oder Reichtum geholfen hätte, auch nur ein Wort zu sprechen (8); daher kann ich euch mit gutem Gewissen versichern, daß es unter den Herren überhaupt keine so schönen Erfolge gibt, wie wenn sie Ruhm erwerben (9).
 
VII. Und da ein König, ein Herzog, ein Graf und ein Marquis durch Wissen und Rang auch nicht den kürzesten Tag eines Monats am Leben bleibt, wie kann er sich da bei der Verwendung der Habe unedel* benehmen, welche ihm doch bis zu seinem Ende nicht fehlt? Aber der schlechte Ruf bleibt zurück und klärt viele Leute über die Taten und das Verhalten auf und gibt Anlaß, sie (10) zu tadeln, weshalb jedermann, solange er dazu imstande ist, dafür Sorge tragen sollte, daß er nicht einen üblen Ruf hinterlasse.
 
VIII. Überlassen wir die schlechten Leute sich selbst; denn so macht man es, da es sehr schwierig ist, sie zur Vernunft zu bringen, und seien wir darauf bedacht, den schlechten Glauben der übermütigen Türken zu vernichten!
 
IX. Und der Herr, der es vermag, führe uns und stehe uns darin bei!

 

Fußnoten:

(1) ,Daß vielmehr immer mehr Gutes von ihm nachfolgt.‘ ()

(2) ‚Die das Schönste Besitzenden.‘ ()

(3) ‚Vorausgesetzt, daß es so beurteilt und angesehen wird.‘ ()

(4) D.h. dem Vergnügen in angemessener Weise nachzugehen, ist doch niemandem verwehrt. ()

(5) Wäre ich nicht auf ihre Unterstützung angewiesen, nicht von ihnen abhängig. ()

(6) Schelte. ()

(7) ,So stände es gut mit dem, was man (an Lebenszeit) gewönne.‘ ()

(8) Auch nur das Geringste zu tun, um den Tod fernzuhalten. ()

(9) Durch Tüchtigkeit, Gastfreiheit und Freigebigkeit. ()

(10) Jene übelwollenden, lieblosen Mächtigen. ()

 

 

 

 

 

 

 

 

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