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Deutsch
Adolf Kolsen

Sei vergnügt und sorge nicht
 
I. Zu singen hätte ich trotz des Vergnügens (1) ganz aufgehört; aber wenn ich sehr betrübt bin, unterdrücke ich den Kummer durch den Gesang und tröste mich damit. Denn anders gäbe es keinen Frieden zwischen dem Kummer und dem Herzen, das sich einem üblen Brauche widersetzt, welcher entsteht, steigt und wächst, daß nämlich Frauendienst jetzt im Stiche gelassen wird, durch den man froh zu sein pflegte, und daß Tüchtigkeit und Freude vorläufig nicht zurückkehren können; denn sie haben sich über diejenigen zu beklagen, durch welche sie gelten müßten, und Wert ohne Macht kann durchaus nicht lange unversehrt, ohne Klage und Verdruß, bestehen.
 
II. Ich will mich sehr erheitern, und doch bin ich hier herübergefahren, und wenn ich nicht töricht erschiene, würde ich diesen Sinn nicht ändern. Aber für Gewäsch gelten viele gute Lieder von mir gemeinen Leuten von schlechter Herkunft, während ein wackerer Mann von Rang, wenn er Gutes zu hören Gelegenheit fand, niemals zögerte Gehör zu schenken und sich die Freude daran nie entgehen ließ. Und ist nicht in der Tat verächtlich, wer an Lust und Gesang kein Gefallen findet? Und eine große Torheit ist es, wenn jemand das, was sehr zusagt und gefällt, nicht festhalten mag und es ungern sieht und verdrossen ist, wenn die Lust anderer Leute andauert.
 
III. Und scheint es euch nicht schlimmer als der Tod, daß ein Mensch, dem Kurzweil ziemt, freudlos lebe und eine böse Miene mache? Beim wahrhaftigen Gott, in welcher Stunde ward er denn nur mit solchem rauhen Herzen geboren! Denn selbst die Vögel im Walde heben, wenn die holde Jahreszeit erscheint, unter sich Gesänge, Gezwitscher und Lieder an; wie aber soll der leben können, der niemals lustig sein mag? Nichts ist schlimmer, als Kummer ertragen zu müssen, und nichts schädigt Wissen, das doch mit Verstand verbessert wird, in so übler Weise wie Kummer!
 
IV. Wegen einer Angelegenheit, über die ich betrübt sein sollte, tröste ich mich; denn ich hätte mich wohl darüber zu beklagen gehabt, was die Mächtigen tun, und über das Übel und die Schuld, die sie darin (2) vom rechten Wege ablenkten, da sie mir in großer Niederträchtigkeit eine häßliche Fahrt veranlaßt haben (3), sodaß ich in kräftigeren Ausdrücken davon sprechen sollte! Aber der Herr, der mich für den Fall, daß ich mich vom Verdruß übermannen ließe, von sich gewiesen hat, hat mir befohlen, fürderhin darüber nicht in höherem Grade verdrießlich zu sein als sie es über ihre Schäden sind, und ich sollte mich auch um die Pflichtvergessenheit der anderen nicht viel kümmern! Und geht es mich denn etwas an, ob ihre Lage schlimmer wird oder besser?
 
V. Eine gute Untersuchung gäbe es vielleicht (4) für einen der besten Gelehrten, ob nämlich jemals Wahrheit und ein Leben ohne Trug erscheinen wird, und ich würde nichts dafür verpfänden, daß Freude, Lust und Ritterlichkeit je ihren alten Stand wiedererlangen werden! So sehr steigt das Übel empor, und Recht und Gesetze sehe ich nicht so zuverlässig (*), wie Verordnung und Regel einst vorschrieb und gebot; daher bin ich nunmehr beim Aufhören bestürzt*, und wenn Gott sieh um das Treiben nicht einigermaßen kümmert, werden wir ziemlich schnell zugrunde gehen!

 

Fußnoten:

(1) Das es mir bereitet. ()

(2) In ihrem Tun. ()

(3) Da sie eine Kreuzfahrt ins Werk gesetzt haben, welche, wie schon jetzt zu erkennen war, infolge der gemeinen Streitigkeiten der Fürsten untereinander nicht zur Eroberung Jerusalems durch die Christen führen konnte und die sich nunmehr zu einer „häßlichen“ gestaltete. ()

(4) ,Von ungefähr, zufällig, etwa.‘ ()

 

 

 

 

 

 

 

 

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