I. Wohl sehe und erkenne ich und weiß aus Erfahrung, daß man, je länger man in der Welt lebt, darin um so mehr Schmerz und Beunruhigung zu erdulden hat, und derjenige, welcher am schlimmsten leidet, ist dumm und mehr als dumm, da er sich nicht dahin wendet, wo er, wie er weiß, fürderhin stets leben wird ohne Schmerz und Leid.
II. Herr Gott, Gerechter, Lieber, Milder, Herrlicher und Keiner, unter meinen einfältigen Gedanken bin ich ergraut! Aber jetzt sehe ich ein, daß die Liebe zum irdischen Glücke bitter ist; denn man ist darauf versessen und wird so unersättlich, weshalb man hinterher davon erduldet Schmerz und Leid.
III. Gibt es doch überhaupt keinen Hoch- oder Niedriggeborenen, der nicht den leidigen Tod über sich ergehen lassen müßte; also denke über dich nach, Armer, da du ja wohl weißt, daß du sterben wirst und dem Tode immer näher kommst, und wenn du, bevor man dich ins Grab legt, nicht an den Tod denkst, wirst du niemals sein ohne Schmerz und Leid.
IV. Willst du, daß ich dir guten Mut einflöße? Mache aus deinem schwachen Herzen ein starkes, und so wirst du bei Gott für dein großes Unrecht Verzeihung finden! Tust du das nicht, fürchte ich, daß dein törichter Wille dich dahin bringe, daß du nach dem Tode allezeit leben wirst mit Schmerz und Leid.
V. Lebt man doch nicht zwei Tage hintereinander ohne Mühsal, und dann (
1) geht die Lebenszeit zu Ende, sodaß man traurig mit Seufzern stirbt und tausendmal mehr stinkt als Mist; wenn du aber zeitig zu Gott kommst, ihn liebst und ehrfürchtest, wirst du der Freude gewiß nicht entbehren und wirst fürder nicht erdulden Schmerz und Leid.
Fußnoten:
(1) Wenn man genug erduldet hat. (↑)