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Deutsch
Adolf Kolsen

Dem Verdienste seine Kronen!
 
I. Wenn es nicht für meinen Sobre-Totz geschähe, der sagt, ich solle singen und fröhlich sein, — die liebliche Jahreszeit, in der das Gras wächst, Wiese, Gezweig, Wald und Blumenflor, ein harter Herr und eine nichtige Liebe könnten mich wahrlich nicht in Schwung bringen! Aber ich stimme darin mit ihm überein, daß Tüchtigkeit und Ritterlichkeit abnehmen, weil Lust nachläßt und schwindet, und da die Machthaber sich der Lust entfremdeten, so wurde für alles das, was der Schlechteste tut, von mir nicht gelobt, wer eben seine Macht sehr übel anwendet; bin ich doch so beraten, daß ich um keines Mächtigen Gunst buhle.
 
II. Damals war die Welt gut, als die Lust überall heimisch war, als man denjenigen gern hatte, welcher am meisten davon besaß, und als Tüchtigkeit und Vornehmheit zusammenstimmten. Jetzt dagegen nennt man die Schlechtesten wacker und den ausgezeichnet, der am freudlosesten ist, und wer, soviel er irgend kann, von fremdem Eigentum herbeiholt, wird am meisten umworben werden. Deshalb fühle ich mich gekränkt, daß jemand von einem gemeinen, verächtlichen Handel, für den er Tadel verdiente, guten, wahren Ruhm ernte, und warum erwägt ihr nicht, ob es sich zieme, demjenigen Ruhm zuzuerkennen, der in häßlicher Weise Schlechtigkeiten verübt?
 
III. Übel ward die Vernunft geleitet, seit man die Verächtlichen für wacker hielt, aber die Edlen, Gesitteten und Zuverlässigen bezeichnete man als die Schlechteren, und die Schuld ging von den Oberen aus, als das Recht zugrunde ging und zerbrach. Wer weiß für wen nimmt man nämlich das Land jetzt demjenigen weg, welcher damit rechtmäßig belehnt war, und wenn ihr sie deshalb anklagt, werden sie sagen, daß es so recht ist; denn der, den ich nicht nennen will (1), wird nun mehr geliebt werden, und wenn ihr euch um Ruhm bemüht und dem Frauendienst widmet, habt ihr hernach den Erfolgt (2) im Umgang (3)!
 
IV. Ich sah, daß man Lieder schätzte und daß Reigengesänge und Sinngedichte gefielen. Jetzt sehe ich, daß, seit man sich von Kurzweil und trefflichen Taten losgesagt hat und die Sache der treuen Liebhaber in eine schiefe Lage gekommen ist, jedes Pflichtgefühl schwindet. Denn wenn jemand sich Fleisch, Wein und Getreide, die er in törichter Weise austeilen läßt, entzieht (?), werde ich es durchaus nicht für rühmlich halten — und wird man mir darin nicht beistimmen? — und der Erwerb würde mir nicht anstehen; hat doch Reichtum da wenig Wert, wo man ihn unordentlich verwaltet und dabei weder Recht noch Gesetz befolgt!
 
V. Jetzt höre ich von dem König (4), welcher in vielen Unternehmungen der Wackerste und Trefflichste war von allen denen, die Speise nährt, der Niedere und Höhere übertraf, seinen Ruhm und seinen Besitz vermehrte und Leid und Verdruß nicht scheute, daß, wenn zwei seinen Verlust beklagen, es ihnen der dritte verdirbt, welcher mir freilich schlecht unterrichtet scheint. Wurde doch meines Erachtens von Karls des Großen Zeit bis jetzt nie ein König geboren, welcher wegen so schöner Bemühung gelobt und gepriesen worden wäre; indes glaubt nur nicht ohne weiteres, daß überhaupt etwas so schlimm wäre, daß drei zugleich es bedauerten!
 
VI. Und was nützt denn schöne Gestalt und große Macht, die so untergeht? Und doch erstreckte sich sein Name, sein Ruhm und die Furcht vor ihm unter den betrügerischen Heiden schon über Edessa hinaus; denn keiner hat diese je weiter zurückgedrängt! Daher ist es falsch sich verblenden zu lassen, weil doch das, was man am liebsten hat und was einem am besten gefällt, so bald vergeht, und deshalb sind nach meinem Dafürhalten diejenigen, welche auf dieser Welt am meisten vermögen, übel daran, wenn sie nicht dafür sorgen, daß sie im Jenseits, wenn ihre Macht aufhört, bei dem größten Könige irgend einen Ersatz für ihre große Herrlichkeit (?) finden.
 
VII. Denn die falsche, widerwärtige Welt erweist demjenigen Wertschätzung, der am meisten an sich gerafft hat, nur daran denkt, sich zu mästen und nach Möglichkeit seinen Weg zu machen, und — sich um die ewige Seligkeit bringt, von dem verlassen, dem er seine Versprechungen nicht gehalten hat; denn mit schönen gezinnten Mauern verschließt, schützt und deckt sich niemand so gut, wenn er da in den Hafen gelangt ist, wo es eben, wenn man sich auch nicht verschanzt, überflüssig ist, für seine Sicherheit zu sorgen (5). Deshalb ist es ein verständiger Rat, daß man sich im Diesseits bessere, damit einen sein Unrecht im Jenseits nicht bedrücke.
 
VIII. Ihn, der allein der eine Gott und der Dreieinige genannt wird, bitte ich, daß er mich davor bewahre, hier so töricht zu handeln, daß es mich dort noch bedrücke.
 
IX. Und jeder hütet sein Herz, auf daß sein Unrecht ihn dort nicht bedrücke!

 

Fußnoten:

(1) Der Teufel. ()

(2) ,Die Ernte.‘ ()

(3) Dann wird man mit euch kaum noch verkehren. ()

(4) Richard Löwenherz. ()

(5) ,Wo es nicht nötig ist, daß man seine Unruhe vermindere‘, weil man im Jenseits als Schuldiger doch der verdienten Strafe nicht entgehen kann. ()

 

 

 

 

 

 

 

 

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