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Deutsch
Adolf Kolsen

Auf den verstorbenen Grafen Rambaut von Orange, genannt Linhaure.
 
I. Wenn ich je Freude und Kurzweil gehabt habe, so bin ich jetzt betrübt und für immer hoffnungslos; denn mein Geschick zeigt mir nicht, daß ich jemals wieder Freude erlange, die mir stets entweicht und entschlüpft, sodaß jetzt der Kummer, der mich schon einmal bedrückte (1), wieder von beiden Seiten bei mir einkehrt.
 
II. Denn ich ward, glaube ich, unter rauhen Verhältnissen geboren, sodaß Gott nicht will, daß irgend ein guter, vertrauter Freund von mir so lange lebe wie andere Leute; so ergeht es mir mit meinem Linhaure, daß ich Kummer (?) um ihn habe, nachdem mich vorher schon Mon-Joi im Stiche gelassen hatte, mit dem die Betrübnis begann.
 
III. Ich hatte mich indes wegen der mir zuteil gewordenen üblen Behandlung (2) schon einigermaßen getröstet, weil Ihr, Linhaure, mich liebtet; aber jetzt werde ich untröstlich sein, da ich Euch nicht sehen werde und fortan von dort keine Grüße mehr an mich gelangen werden und kein artiger Bote mehr zu mir kommen wird, woraus mir köstliche Freude zu erwachsen pflegte.
 
IV. Ach, lieber, wohlgesitteter Freund, der Ihr euch einfältig stelltet im Verkehr mit den Toren und Euch in eurer wahren Art und klug zeigtet den Verständigen gegenüber, euretwegen schätze ich April und Mai und die holde, fröhliche Jahreszeit gering und werde künftig weder je lustig sein noch gern singen, nur daß ich Euch nicht wohl anders beklagen kann!
 
V. Ach, soviele schöne Kenntnisse nehmet Ihr mit hinweg, ohne auch nur das Geringste davon zurückzulassen! Wird man in Zukunft jemals darin euresgleichen finden? Denn von keinem einzigen Menschen sah ich je so schöne Bemühung noch werde ich sie sehen, soweit ich auch gehen werde, und kein Ritter darf behaupten, daß er sich dafür so großer Beliebtheit zu erfreuen hätte!
 
VI. Dahin ist jetzt hübsche Ausgelassenheit, und Würfelspiel, Freigebigkeit und Frauendienst sind vergessen. Euretwegen schwindet und verfällt Tüchtigkeit; bis zum Gebirgspaß Velay (?) werden viele Wackere schlecht werden, denen Ihr ein sowohl freundschaftlicher als auch in guten Beschäftigungen erfahrenerer Führer wart.
 
VII. Aus Euren vollendeten Gedichten, aus den guten Eigenschaften, der Tüchtigkeit, dem Verstand, der Vornehmheit sollten demjenigen Freuden erblühen, dem es schlimmer ergeht (3). Niemals werde ich aufhören, Messen für Euch lesen zu lassen, sodaß also der gute Meister Berengar jetzt als Lügner erscheint!
 
VIII. Um euretwillen, sagt man, entzieht die Provence sich jetzt prächtigen Taten, denn keiner dort ist darin so geschäftig!
 
IX. Mein Sobre-Totz, das Herz müßte mir zerspringen, wenn es auch Stahl wäre!

 

Fußnoten:

(1) Wegen des Ablebens des Freundes Mon-Joi. ()

(2) ,Als übel behandelter Mann.‘ ()

(3) Wie z.B. mir; mir ergeht es schlimmer als Euch, da ich in Trauer und Schmerz hier zurückbleibe. ()

 

 

 

 

 

 

 

 

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