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Deutsch
Adolf Kolsen

Auf den Tod des Vizgrafen Ademar V. von Limoges
 
I. Ich klage, seufze, weine und singe, aber mein Gesang bereitet mir kein Vergnügen, sodaß ich sogar um so betrübter bin, je mehr ich singe, und so Herz und Verstand schwäche; wenn einem aber der Gesang, welcher Mühsal und Leid zu beseitigen pflegt, Betrübnis verursacht, so wundre ich mich nicht, wenn er fürchtet, daß sein Verstand und seine Lage aufs Ärgste darunter leiden.
 
II. Wer kann es, wenn er auch klug und verständig ist, ohne Verdruß ertragen, daß tatsächlich die nichtsnutzigen und wertlosen Bösen in dieser Welt zurückbleiben und die Edlen, Gesitteten und Trefflichen, die zur Tugend hinneigen, so schnell sterben, wie Herr Ademar, der in ganz Frankreich beklagt werden wird?
 
III. Und wer könnte die Trauer und den Verlust schildern, wenn ein guter, vornehmer, gesitteter Herr die Seinen, welche er lange geleitet, gehegt und gepflegt hat, unvermutet und unerwartet verläßt? Weil nun, wer irgendwie an ein Wiedersehen glaubte, sich da nicht so sehr zu betrüben brauchte, ist es da recht und passend, daß man Kummer und Leid um ihn habe?
 
IV. Oftmals erwäge ich und denke darüber nach, wie sehr hübsche Ausgelassenheit, Tugend, Wissen und eine niemals rücksichtslose Macht ihm anstanden, und was Kurzweil und manche schöne Lehre betrifft, so kann ich niemand finden, den ich ihm angemessener Weise darin gleichstellte, weshalb jetzt Freude nachläßt und liebenswürdiges Scherzen abnimmt und schwindet.
 
V. Beim Empfang hätte man sehen können, daß der Fremdeste ihm lieb war, beim Empfang hättet ihr daher seinen Wert gut wahrnehmen können; hätte aber jemand unwirsch mit ihm gesprochen, so wäre er, obwohl es ihn geärgert hätte, imstande gewesen, mit einem taktlosen Toren in scherzender Weise zu verfahren, wenn auch Zorn und Streit Weisheit in kindischen Sinn verwandeln (1).
 
VI. Ich kann euch wohl mit Fug verbürgen, daß er bei den hohen Machthabern gerühmt und gepriesen wurde wegen seiner Trefflichkeit und Klugheit und weil er es nach ihrer Meinung verstand, bei dem niederen Volke ehrenhaftem und anständigem Betragen mit Wohlwollen zu begegnen; mit den Edlen sprach er in leutseliger Weise, wenn er auch eingebildeten Leuten gegenüber (2) stolz und zurückhaltend war.
 
VII. Äußerst gern möchte ich — und würde das mich nicht sehr befriedigen? — in Erfahrung bringen, ob er nicht unter denen, die zu gleicher Zeit mit ihm (3) rechtmäßig regierten, der Tüchtigste war, der Edelste in Anbetracht ihres Fehlens. Denn in einer großen Angelegenheit schadet ein geringfügiger Irrtum wenig, wenn man nur seinen Fehler in rechter Weise eingesteht und tadelt, und deshalb glaube ich, daß sein Unrecht ihm verziehen werden wird; auf Gott (4) setze ich darin meine Hoffnung.
 
VIII. Möge er (4) geneigt sein, denen Gehör zu schenken, die ihn bitten werden, daß er seiner Seele Ruhe und Frieden gewähre, und das Grab, in welches er (5) gelegt ward, das heilig ist — sah ich es doch sehr demütig küssen —, möge ihm zu gutem Schutze dienen! Denn kein trefflicherer Herr als er trug je eine Lanze und keiner hatte die Eigenschaften alle beisammen, mit denen man Ruhm erwerben kann und durch welche Tüchtigkeit sich hervortut.
 
IX. Und Gott (6), der ihn aus nichts erschuf, gebe ihm bei seinen seligen Engeln Anteil an ihrem Glücke!

 

Fußnoten:

(1) D.h. selbst die Weisen oft zu törichtein Verhalten veranlassen. ()

(2) ,Da, wo man sich brüstet.‘ ()

(3) ,Da, damals.‘ ()

(4) Gott, d.i. Gottvater. ()

(5) Ademar, Ademars Leib. ()

(6) Gott, d.i. Gottvater. ()

 

 

 

 

 

 

 

 

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