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Appel, Carl. Bernart von Ventadorn, seine Lieder, mit Einleitung und Glossar. Halle a. S.: Verlag von Max Niemeyer, 1915.

070,018- Bernart de Ventadorn

 
 
1f.
C:
E manht genh se volv e·s vira
 
 
mos talans e ve e vay
 
 
lai on mos volers s’aten.
        
„In mancher Art dreht sich und wendet sich mein Sinn uml kommt und geht, dort, wohin mein Begehren sich richtet.“
 
 
a:
E maint engiein torn e vira
 
 
mos talanz e ven a iai
 
 
lai on mos volers s’atrai.
 
„In mancher Art (oder: in manchem Planen) dreht und wendet sich mein Sinn und gelangt da zur Freude, wohin mein Begehren sich zieht.“
Zwischen genh und engenh wird kein Unterschied zu machen sein. Die Bedeutung „Art und Weise“ (oder vielmehr die Möglichkeit, das Wort so zu übersetzen) konnte sich bei engenh ebenso einstellen wie bei genh.
s’aten in C ist natürlich durch s’atrai zu ersetzen.
Zingarelli hat sich, vor allem der Alliteration wegen, für die Fassung von C entschieden: Evidente è l’allitterazione nei primi due versi, e per questo va scartato il torn di a, e così il suo iai per vay nel secondo. In der Tat besticht diese Fassung sogleich das Ohr. Und einen ganz ähnlichen, nicht so weit ausgedehnten, Klangeffekt zeigt der Anfang des 30. Liedes: Lo tems vai e ven e vire Per jorns, per mes e per ans. So scheint denn C das Richtige zu haben.
Aber da bietet die lectio difficilior. Es ist nicht leicht einzusehen, wie ein Schreiber das so landläufige ven e vai zum ungewöhnlichen, doch möglichen, ven a jai geändert haben sollte, während dem intelligenten Redaktor von C, gerade mit Anlehnung an Lied 30. die Einlührung der Alliteration naheliegen konnte. Überdies steht vai in v. 24 (und v. 31) im Reim, und wenn die Wiederholung gleicher Reimwörter, wie wir wissen, bei Bernart auch nicht ausgeschlossen ist, diese dreimalige Wiederkehr in dem so kurzen Gedicht ist doch bedenklich. Und ven a jai entspricht gut dem ab cui m’apai des 6. Verses: Vielerlei Gedanken und Absichten beunruhigen die Seele des Dichters; aber zur Freude gelangt sie, wenn er au seine Liebe denkt.
Andererseits scheint C in seinen ersten beiden Versen wieder trefflich den Zustand der Unruhe zu spiegeln, von dem v. 4 und 7 sprechen: lo cors no·n pauza ni fina, no sai com me contennha: Im Gedanken an die Geliebte kann das Sinnen des Dichters keine Ruhe finden.
Auch dem armen Textkritiker geht es angesichts dieser beiden Überlieferungen nicht anders als dem Dichter: e mainh genh se volv e·s vira sos talans e ren e vai.
 
5. conhde, gegenüber cueint C wird durch 33, 12; 35, 28 gesichert.
 
9. Hier spricht die Alliteration für die Lesart von a. — per dih savai geht nach dem Zusammenhang auf schlimme Reden, die die Dame gegen Bernart geführt hat (s. v. 16). Der Dichter wäre seiner Würde schuldig, sich von ihr los zu sagen. Aber: wer die Liebe in Zucht halten will, der weiß nicht was er tut.
 
15-17.
C:
Jeu suj selh que re no tira
 
 
si tot ma donam sostraj
 
 
ia de re nō clamaraj.
 
 
 
 
a:
Cum son cel qe ren non tira
 
 
si tot ma donnam sostrai
 
 
ni ia de clam non serai.
 
Zingarelli nimmt die Lesung von C an und übersetzt: Io son colui che non sforzo punto sebbene la donna mia mi tolga alcuna cosa, e non muoverò querela (Anm.: insomma il poeta vuol dire che se la sua donna gli toglie di quel che prima gli aveva dato o fatto sperare, egli non la sforza, non cerca di riaverlo a forza). Aber tirar in der Bedeutung ,sforzare’ ist m. W. nicht belegt. Zu sostraire ergänzt Z. aus dem vorhergehenden Vers re (con sostrai bisogna sottintendere re del v. precedente). Aber das geht doch gerade bei seiner Übersetzung nicht.
tirar wird hier seine wohlbekannte Bedeutung „verdrießen“ haben (Levy, Petit Dict. „être désagréable, pénible, ennuyer“, sei es, daß man genau bei den Hdss. bleibt: qu’e re no tira „der in nichts verdrießt“ oder lieber liest que res no tira „den nichts verdrießt“. Der Dichter hat in Strophe II gesagt, daß seine Liebe durch Groll und schlimme Reden nicht getrübt wird; so verdrießt er seine Dame nicht durch Klagen, oder: so verdrießt ihn nichts.
sostraire „schmähen“ (vgl. v. 9), s. Peire Rogier 1, 25, und Anmerkung dazu, oder „entziehen“, s. Bernart 8, 34 Var. C und Pariser Inedita S. 173, 66?
esser de clam in a muß wohl heißen „als Ankläger auftreten, Klage führen“. Vielleicht ist es ein juristischer Terminus, wie v. 20 in der Anschauung des Rechtsstreits beharrt (querer plai „verhandeln wollen“ wird v. 20 von clamar „klagen“ v. 17 deutlich unterschieden). Gestützt wir die Konstruktion durch das gleichbedeutende esser de rancura, das in dem vielleicht von Bernart verfaßten Stück 392, 27 v. 25 steht.
Im Anfang der Strophe hat a Cum, also: „da ich der bin, den nichts verdrießt ...“ Dann muß aber in v. 17 der Nachsatz kommen: „werde ich über nichts Klage erheben“. So müßte man dort doch die Lesart von C (oder ähnlich) annehmen. Com begegnet indes bei Bernart überhaupt nicht in der Bedeutung „da“. Ich habe Ieu und Cum zu Eu·m kombiniert. Ob in v. 17 die Fassung von C oder von a aufzunehmen ist, läßt sich schwerlich entscheiden.
 
22. jauzira läßt die Voraussetzung, welche 19-21 ausspricht, eingetroffen sein. Und schon der Gedanke an das mögliche Glück beseligt ihn jetzt (23, 24).
 
31. Die Rücksicht auf den Reim läßt die Konstruktion des ύστερου πρότερον eintreten.
 

 

 

 

 

 

 

 

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