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Appel, Carl. Bernart von Ventadorn, seine Lieder, mit Einleitung und Glossar. Halle a. S.: Verlag von Max Niemeyer, 1915.

070,036- Bernart de Ventadorn

1. Die Hdss. schwanken zwischen pois me preyatz und pois preyatz me. In dieser zweiten Stellung werden wir me für betont halten müssen: „Da Ihr mich bittet“ (im Gegensatz zu einem Anderen, der etwa auch gebeten werden könnte). Ich nehme diese Lesart, die einem Abschreiber nicht leicht in die Feder gekommen sein würde, um so eher auf, als sie nicht nur in der besseren Gruppe ADEG steht, sondern auch in die Situation paßt, aus der ich das Gedicht hervorgegangen vermute, s. die Einleitung (vgl. S. 278 [70, 32, 13]).
In senhor sieht Zingarelli, der Heinrich II. hier erkennt, den Vok. Sgl.; ich halte das Wort für Vok. Plur.
 
14. sai alhor „hier, an anderer Stelle“, wie 44, 35.
 
24. Die Hdss. haben zum Teil in se das Pronomen gesehen und daher vas se, a se, ab se geschrieben; R hat de me dafür gesetzt. Da v. 33 das Reflexivum als Reimwort steht, ist kaum daran zu zweifeln, daß hier „Busen“ zu lesen ist. So schreibt denn D del se; aber der Artikel ist zu entbehren, wie Tobler II², 110 gezeigt hat.
 
27. Ich folge der Gruppe ADEG mit que, obwohl das asyndetische ges dem Sprachgebrauch Bernarts wohl entsprechen würde.
Derjenige, den die Anderen sehen, ist nicht der Dichter selbst. Nur ein Schatten von ihm ist geblieben, während sein eigentliches Ich bei der Geliebten weilt.
 
30. Zu einer sicheren Lesung ist bei der starken Abweichung der Hdss. kaum zu gelangen. Aber A erweist sich in der sehr schwankenden Überlieferung der ganzen Strophe als so verständig, daß ich glaube, ihm ohne Gefahr folgen zu können.
 
43. Von den verschiedenen Fassungen hat man zwischen c’a las oras und c’a la cocha zu wählen. Ich entscheide mich für das erste, nicht nur, weil es in A steht, sondern auch, weil man in der Tat nur zuweilen, nicht allgemein, in der Bedrängnis dazu geführt wird, zu besserem Sprunge zurückzutreten.
 
44. entrelonhan und entreslonhan sind beide möglich. RS(M) deuten vielleicht auf antreslonhan ihrer Quelle, für welches das antre des Boethius und anderer Texte zu vergleichen wäre.
 
 
53. vos als erstes Wort wird durch a und auch durch mostratz GIKN bestätigt. Also das Subjekt neben dem Imperativ. Da zwischen Vos und faitz auch in D me fehlt und G sich hier an IKX anschließt, mag in der Quelle gestanden haben: Vos, fatz me oder fatz m’un bei semblan.
 
55 ff. Zingarelli stellt p. 46 s. die Lesarten der beiden Tornaden nach drei Hdsgruppen gegenüber:
 
 
ADGI (wozu EKN treten)
 
 
55
Lai a mon Escudier
 
don Dieus cor e talan
 
qu’amdui n’anem truan,
 
 
 
E qu’el en men ab se
 
so don ai plus talen,
60
et eu mon Aziman.
 
Die Varianten hierzu sind: 57. nanen D, namen G, namem (?) N   58. quil(l) EGIK ; emen G   59. ai pl. DIK, pl. ai E, pl. a GN
 
 
CMR (und dazu S)
 
 
55
Mon Escudier e me
 
ai en cor e talan
 
qu’amdui anem truan.
 
 
 
Et ilh amen ab se
 
so que plus ll’atalan
60
et ieu mon Aziman.
 
Varianten: 55. Nō e. ab me R   56. Auem c. C, Ai en c. M, Agues c. ; Don Deus cor et talan S   57. fossem R   58. Et ills qe ; Quelh agues R   59. li atan ; So quama ses enian RS   60. Az.] aman S
 
 
a
 
 
55
Mon Escudier e me
 
don Dieus cor e talan
 
c’ambdui anem avan ;
 
 
 
E meu essems ab se
 
mon Aziman
60
per far tot son coman.
 
 
Er entscheidet sich für a: ,,se questo non è il testo definitivo, perchè il verso penultimo è troppo corto, poco manca: quel Mon Aziman non può esser altro che una glossa, introdottasi poi nel testo, e il verso originario è so que plus lli atalan del precedente gruppo. S’intese molto bene in una poesia di Bernart de Ventadorn l’allusione ad Aziman, e la postilla, per dir così, è passata nel testo; ciascuno si è ingegnato di aggiustare alla meglio i versi che non tornavano. Mon Escudier è la stessa persona del seignor, cui si rivolge il poeta in principio, pseudonimo, a mio credere, del re Enrico: con lui e con la regina egli vuole stare sempre insieme“.
Der Ausgangspunkt für Zingarelli ist seine Annahme, daß Aziman die Königin Eleonore sei. Wir werden, da wir diese Annahme nicht teilen, der Hds. a nicht denselben Wert beilegen wie er. Die unvollständige Gestalt der v. 58 60 zeigt uns, daß a vermutlich eine unvollkommene Quelle vor sich hatte. Der Text ist aus allen drei Gruppen gemeinsam zu gewinnen. Daß in v. 55 ADEG und IKN, die sonst verschiedenen Seiten angehören, einen gemeinsamen falschen Reim haben, erklärt sich entweder daraus, daß für die Tornaden IKN die gleiche fehlerhafte Vorlage hatte wie ADEG, oder daß schon die erste Quelle aller Hdss. den Vers falsch überlieferte und auch in CMRSa der Text erst auf Konjektur beruht. In der Tat ist auch e me nicht sonderlich befriedigend. Dem Dichter brauchte doch Gott nicht erst die Lust zu geben, die er offenbar schon besaß.
Zingarelli nimmt Anstoß an truan: „non è possibile dare una interpretazione plausibile di truan: vuole il poeta col suo Escudier far la vita del briccone e del truffatore, e condurre seco la regina?“ Also auch hier wieder der Gedanke an die Königin, welcher Schwierigkeiten macht. Sicherlich ist der Wunsch des Dichters mit dem Freunde und den beiden Geliebten sorglos und glücklich wie die Zigeuner, oder besser wie die Vaganten, (1) durch die Welt zu ziehen, überraschend, aber vor allem weil er uns so romantisch modern anmutet. Gerade deswegen wäre er schwerlich einem Abschreiber eingefallen, während er gut zum Glücksgefühl der Liebessicherheit in v. 10-13, 19-27 usw. paßt. Es ist etwas von Vagantenstimmung im ganzen Liede.
 
 
Fußnoten:
 
1) Zur Bedeutung von truan in diesem Verse vgl. die bei Faral, Jongleurs p. 43, n. 1 zitierte Stelle, wo „trutannos“ gleichgestellt wird mit „alios vagos scholares aut goliardos“ (Concile de Trèves 1227, cap. 9). truan nennt auch Marchabrun Im afz. Joufrois 3650 den Grafen von Poitiers, der sein Land abenteuernd verlassen hat und nun inkognito am englischen Hofe weilt.
Für die Konstruktion anar truan vgl. Chr. 80, 38 Grimoartz Gansmars, qu’es cavayers e vai ioglars. ― Auch auan in a geht offenbar auf truan zurück. Man vergleiche die Form des alten a im Boeci. ()

 

 

 

 

 

 

 

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