1. sueill. ― soler hat im Prov. kein Perfektum; dessen Funktion übernimmt das Präsens, s. Levy, Figueira zu 3, 20 und De Lollis, Sordello zu V, 34.
Bezüglich des Reimes ist zu bemerken: Es liegt rima unissonans vor. C und R führen nun in den entsprechenden Reimen der andern Strophen den Diphthong -uelh konsequent durch; D aber reimt -uoill, -oll, -uoill, und in N² und a¹ stehen dem Anfangsreim -ueill lauter Formen auf -oill gegenüber. Es ist kaum anzunehmen, dass der Autor selbst sich einer solchen rima bastarda schuldig gemacht hat; die Unordnung in den Hss. wird vielmehr auf die Unachtsamkeit der Kopisten zurückzuführen sein. Welches nun aber die ursprüngliche Form gewesen sei, ist schwer zu bestimmen. Es scheint daher geraten, die Formen des einmal zu Grunde gelegten N² stehen zu lassen und sich mit einem Verweis auf die Varianten zu begnügen. ― Dasselbe Verfahren habe ich auch in der von zehn Hss. überlieferten Tenzone X, 5-6 und 13-14, wo nur DLSg die Anfangsreime er bezw. ier regelrecht durchführen, die andern aber era, eira, iera, ieira durcheinanderwerfen, und in XI, 34-36 fetz : ves und 42-44 vetz : fes beobachtet. Zu dieser Frage s. den längeren Exkurs von M. Pelaez, Giorn. stor. XXIX, 354 zu v. 2-4, der allerdings zu Gunsten des am häufigsten gebotenen Diphthonges uniformiert.
6. Übergang aus dem Relativsatz in den Hauptsatz; vgl.Stimming, B. de B.¹ zu 12, 13 und Suchier, Denkmäler p. 513 zu v. 1824.
la i kann auch = la li aufgefasst werden, zu welchem Dativ man Stimming, B. de B.¹ zu 22, 2 vergleiche.
7-8. „Seht, ob sie sich bitten lassen würde, wenn ich ihr übel wollte“, d. h. wie würde sie erst unerbittlich sein, wenn...
9. E car. ― Der Dichter ist erbittert. In der augenblicklichen Aufwallung über den Starrsinn seiner Dame setzt er das, was er eigentlich im gegensätzlichen Verhältnis („und obgleich“) hatte ausdrücken wollen, geradezu als Begründung, wodurch das Verhalten der Dame den Anschein fast boshaften Trotzes bekommt: und grade weil ich sie allein nur will und ihr allein mich geweiht habe, grade deshalb weist sie mich ab. Eine gleiche Argumentation findet sich bei Peirol (Grdr. 366, 19, Str. 2): Pero si·m fos franqu’e bona Ma domn’ al comensamen, Ara no m’acoill ni·m sona Mas aissi com l’autra gen : Quar conois que l’am finamen, Aita mal m’o gazardona.
10. en dreit d’amor. ― De Lollis, Sordello zu XXI, 20 nach Rayn., Lex. V, 70 hält dreit in dieser Redensart für Adjektiv, nicht für Substantiv und deutet: in fatto di. Schultz-Gora, Zeitschr. XXI, 253 zu XXI, 20 sieht es dagegen nicht als Adjektiv an, möchte aber auch nicht mit Mussafia endreit schreiben. Mit Stimming (B. de B.¹ Glossar) scheint mir die Auffasung von dreit als Substantiv die beste. Sie wird gestützt durch die öfters begegnende Redensart seguir lo dreit d’amor:MG 254, 6: A vos mi ren, pros dompna, cui ador ; e prendez mi, qe segui drei d’amor; 1116, 3: q’ieu no·m irasc ni·m faz clamos, mas il drech d’amor seguia; 1420, 2: et on plus m’auci d’enveia, plus li dei ma mort grazir, si·l dreich d’amor vuoil seguir. Demnach heisst en dreit d’amor „nach dem Gesetz, dem Recht der Liebe“, und weiterhin auch „nach dem, was in der Liebe Regel, Brauch ist“. Die erste Bedeutung im vorliegenden Falle: wie es (mir) die Liebe als Gesetz vorschreibt; ebenso MG 69,5: m’er grans plazers q’us bels digz per razo | en dreich d’amor engal d’un faich balanssa; 142, 5: car tant non val neguna manentia | endreich d’amor com fins cors ses bauzia (nach dem Gesetz der Liebe gilt . . . ); 181, 5: que nulha ren tan non dezir cum vos sola en dreg d’amor; 910, 3: qu’en dreg d’amor autra del mon no·m platz; 1197, 1: pero en drech d’amor iuiatz (urteilt nach den Gesetzen der Liebe); 1014, 4: q’en dreg d’amor deu hom si dons ben dir; 200: farai lo (los romans) en dreit d’amor (nach den Regeln der Liebe). Die zweite Bedeutung in Beispielen wie: MG 294, 5: e si·m volgues deu de tan ben iuiar, qu’en dreiz d’amor m’ages un dolz baisar (wie es in der Liebe üblich ist); Chab., Biogr. p. 35: Uc Brunenc: mas non fo crezut, que anc la dompna li fezes plazer en dreich d’amor (. . . dass jemals die Dame ihm zu Gefallen war, wie es in der Liebe Brauch ist). Dass sich solche Bedeutungsnüancen entwickeln konnten, erklärt sich aus der ausgedehnten Verwendung der Redensart.
ni·m plaz bezieht sich wohl nicht auf voill, sondern ist elliptisch und verlangt als Ergänzung ganz allgemein: dass eine andre die Meine wird.
16. e = „und doch“, s. Coulet, Montanhagol zu IV,11-13.
Dieselbe Bedeutung hat das in XI, 52 den zweiten Satz einleitende e.
21. ·m ist Dativus ethicus.
26. foldatz. ― Der Dichter empfindet es als Torheit, dass er da bleibt, wo ihm Erbarmen und Erfolg sobald nicht winken; aber Vernunft bat in der Liebe kein Recht, hier treten Verblendung und holder Wahn an ihre Stelle. Das sprechen die Trobadors wiederholt aus: Raimb. de Toulouse (Choix III, 128): Car ben conosc per usage que lai on amors s’enten, Val foudatz en luec de sen; Raimon de Miraval (MG 66, 3): foudatz vai entr’amadors per sen, e sens per folatge; Aimeric de Peguilhan (MG 329, 3): Mas anc non vi fin’ amansa | ses alques de foleiar.
29. qe fols es qi. ―Hier nimmt der Dichter seine in v. 26 enthaltene Ansicht wieder zurück.
30-1. esperar-esper. ― Über etymologische Figuren im Prov. s. Schultz-Gora, Briefe zu I, 16.
41-2. Del franc rei d’Aragon. ― Zur Trennung s. Anm. zu III, 41-2. |