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Bosdorff, Günther. Bernard von Rouvenac ein provenzalischer Trobador des XIII. Jahrhunderts Kritische Ausgabe mit Einleitung, Übersetzung, Kommentar und Glossar. Erlangen: Kgl. bayer. Hof- u. Univ.-Buchdruckerei von Junge & Sohn, 1907.

066,002- Bernart de Rovenac

1. m’es. — Me ist hier Dativ; vgl. die Anm. zu v. 17.
 
2. Rics omes flacs. — Der Obliquus in der Anrede statt des Nominativs findet sich noch öfter bei Bernard; vgl. I, 41; II, 45; III, 49.
no sai que·us disses. — Wegen des Konjunktivs nach negiertem saber vgl. Stimming, B. de Born, p. 240.
 
9. Amdos los reis. — Unter diesen beiden Königen sind Jakob I. von Aragon und Heinrich III. von England zu verstehen. Die ganze Strophe ist ironisch gemeint. Der Dichter will den Königen für ihr feines höfisches Benehmen nicht Lob spenden, wie es in der Tat Millot, Hist. litt, des troub., p. 314 annimmt, er lobt nur ironisch. Das Verhalten der Könige von Aragon und England war in diesem Falle allerdings gerechtfertigt. Ludwig der Heilige befand sich auf dem Kreuzzug, und der Papst verbot bei Strafe der Exkommunikation jeden feindlichen Eingriff in das Land des französischen Königs. Aber nach dem Geschmacke unseres Dichters war es nicht, dass man diese immerhin günstige Gelegenheit unbenutzt liess. Freilich wären die hier getadelten Fürsten der Pflichten der Religiosität und Ritterlichkeit wohl weniger eingedenk gewesen, wenn nicht Blanka von Kastilien die Zügel der Regierung in Frankreich gut zu führen verstanden hätte.
cauz’ . . . que . . . sia.— Der Konjunktiv in diesem subnominalen Genetivsatz erklärt sich aus dem Begriffe der Absicht, der in dem Substantivum cauza liegt. Über derartige Sätze im Neufranz, vgl. Seeger, Lehrbuch der nfr. Syntax. II. T. Halle 1877, p. 59.
 
11. defeza ist natürlich Part. Praet. von defendre = verteidigen. Unverständlich ist, wie Milá, Balaguer und Tourtoulon „verwüstet“ übersetzen können.
 
14. rei que conquer Suria. — Der König, der Syrien „erobert“, ist Ludwig IX. von Frankreich; vgl. Einleitung: Bernards Leben; Datierung seiner Gedichte..
 
16. Nostre Senher lor en deu grat saber. — Eine höchst feine Ironie liegt in diesen Worten. Der Papst verbietet jedes kriegerische Unternehmen gegen die Kreuzfahrer; dafür muss der Herr, dessen Stellvertreter der Papst ist, den beiden gehorsamen Königen Dank wissen.
 
17. ·m pren. — Me ist Dativ, vgl. die Anm. zu V. 1. Prendre wird mit dem Dativ verbunden, wenn eine Erregtheit oder überhaupt ein physischer Zustand bezeichnet werden soll. Diese Konstruktion findet sich besonders häufig bei einem Personalpronomen als Objekt; vgl. Diez, Gramm. 857; de Lollis, Sordello, p. 261. Dieselbe Verwendung begegnet im Neufranz.; vgl. Plattner, Ausführ. Gramm. Ergh. II. 2, p. 170.
quant hat hier nicht temporalen Sinn; es dient wie häufig im Prov. dazu, an Stelle von que einen subordinierten Satz einzuführen; vgl. Stimming, B. de Born, p. 244.
gens conqueza. — Der Dichter nennt das französische Volk „besiegt“, nicht wie die Hist. litt de la France meint, wegen der fortschreitenden Eroberungen der Engländer auf dem Festland, sondern augenscheinlich mit Bezug auf die Niederlage, die die Franzosen 1250 bei Mansurah erlitten.
 
19—20. vergonha preza . . . al rei aragones. — Auch ein Subetantivum kann mit a statt eines Personalpronomens bei prendre stehen, ein Fall der allerdings seltener ist; vgl. die Anm. zu v. 17.
 
21. rei que pert Normandia. — Der König, der die Normandie verliert, ist Heinrich III. von England.
 
22—23. aital companhia . . . que fasson. — Der Konjunktiv ist hier noch eine Reminiszenz an das Lateinische, das nach Ausdrücken wie „talis“ etc. im abhängigen Satze den Konjunktiv verlangte. — Companhia ist Singular, das Verbum steht trotzdem im Plural; eine derartige constructio ad sensum findet sich bei Kollektivbegriffen auch im Prov.; vgl. Meyer-Lübke, Gramm. III, 362.
 
23. nulh temps no ist lediglich eine verstärkte Verneinung, wie sie auch im Altfranz. begegnet; vgl. darüber Perle in Zeitschr. f. rom. Phil. II, 416.
 
24. Milá und Tourtoulon halten diesen Vers für dunkel. Ich möchte statt autre der Hdschr. autra konjizieren und es auf companhia beziehen: tener, das im Prov. ja mancherlei Bedeutungen haben kann, muss hier gefasst werden als „sich benehmen“, indem das Reflexivpronomen beim Infinitiv häufig nicht zum Ausdruck kommt. Dieselbe Bedeutung hat se tener auch in IV, 32. Der Vers würde also lauten: „und nie sah man (saht Ihr) eine andere (Gesellschaft) sich so fein benehmen“. Dies aber dürfte wieder ironisch gemeint sein wie v. 13. Se tener = „sich benehmen“ s. Coulet, l. c. Gloss.
 
25. pren en. — Wegen prendre en vgl. Stimming, B. von Born, p. 178.
leuda torneza. — Leuda kommt von lat *lévita für levata (vgl. Körting, Lat.-rom. Wrtb. 5552) und bezeichnet eine Steuer. Dieser Ausdruck wurde besonders in den Ländern der Langue d’oc (Toulouse, Montpellier, Narbonne etc.) angewandt (vgl. Ducange, Glossarium mediae et infimae latinitatis unter leudis), und zwar belegte man mit diesem Namen eine Steuer, die von einem Seigneur für den Transport und Verkauf von in seinem Gebiete gemachten oder dahin eingeführten Waren aller Art erhoben wurde. In den Ländern der Langue d’oїl pflegte man diese Gattung von Steuern mit tonlieu oder péage zu bezeichnen. Im Mittelalter hatte man ja eine ganze Reihe von Steuern, die die mannigfaltigsten Namen führten; vgl. hierzu A. Molinier in Hist. gén. de Languedoc t. VII, 172 ff.; Luchaire, Manuel des institutions françaises, Paris 1892, p. 338 ff. Eine derartige Steuer, eine Art Brückenzoll, wurde auch erhoben für den Transport von Waren von dem Hafen von Lattes nach Montpellier und umgekehrt. Der Haupthandel von Montpellier vollzog sich damals bekanntlich über den Hafen von Lattes; dieser war durch einen gepflasterten Weg, dessen Spuren noch heute sichtbar sind, mit Montpellier verbunden. Von den Wagen, die diese Strasse passierten, wurde ein Zoll, „mailles“ oder „deniers (oboles)“ genannt, eingefordert; vgl. Petit Thalamus de Montpellier, p. XXII. Ein sehr eingehender Tarif regulierte den Verkehr; vgl. Petit Thalamus, p. 240—44. Zur Überwachung und zur Einziehung dieser „mailles de Lattes“ waren sog. consuls de mer angestellt. Interessant ist der Eid, den letztere leisten mussten; vgl. Petit Thalamus, pp. 261 und 275. Sie mussten versprechen, den Zoll getreulich zu erheben, den Ertrag zur Unterhaltung des Weges und des Kanals zu verwenden u. s. f.; vgl. Germain, Hist. de la commune de Montpellier, M. 1851, p. 167. Die Streitigkeiten mit Jakob I. wegen der Einziehung dieser Steuer fanden erst im Jahre 1264 ihr Ende: En lan de M e CC e LXIIII . . . el mes de jull cofermet lor et als cossols las mealhas de penre a Latas (Petit Thalamus zum Jahr 1264).
 
27. l’anta que i a preza. — Wegen dieses Ausdrucks vgl. die Anm. zu I, 24.
 
28. Carcasses. — Das Gebiet von Carcassonne war von Ludwig VIII. genommen worden, der hier eine Sénéchaussée errichtet hatte.
 
29. als sieus eis no·s defendria. — „Sich verteidigen gegen“ kann prov. auch „se defendre a“ heissen; vgl. Stimming, B. de Born, p. 288.
 
31. senher steht ohne jeden Artikel, da es im allgemeinen Sinne gebraucht ist; vgl. Coulet, Guilhem Montanhagol, p. 159 A. 37.
 
32. torna a nonchaler. — Dieser Ausdruck begegnet öfter im Prov. Eigentlich „zur Gleichgültigkeit wenden“, dann „für nichts achten“. Auch tornar en nonchaler: Pons von la Garda. M. W. III. 208, 6. Statt tornar wird auch gitar und metre gesagt: Del vostr’afar, qu’aisso·n vuelh retener Qu’ieu non lo puesc gitar a nonchaler. Peire von Barjac. M. W. III, 42. — Pois l’aprenda ol met’a nonchaler. Luquet Gatelus. Bertoni, I trovatori minori XIV, 8. — Pus o met e nonchaler. Peire von Auvergne ed. Zenker XV, 39. Eine ähnliche Wendung gleicher Bedeutung ist gitar a noncura : quar gitatz es a noncura. Peire von Auv. X, 27; vgl. Levy, Guilhem Figueira, p. 85.
 
35. per patz enteza. — Entendre per wie neufranz. entendre par „verstehen unter“.
 
36—37. gauch de pages e Dels rics. — Bauern haben ihre Freude an einem schlimmen Krieg (mala guerra); vgl. Raimbaut von Vaqueiras: Truan mala guerra Volo sai comensar Donas d’esta terra E vilas contrafar. Der Dichter stellt die Mächtigen jetzt den Bauern gleich.
 
41. Lo reis N’ Anfos. — Damit ist Alfons X. der Gelehrte (1252 bis 1270) von Kastilien gemeint. Er war einer der freigebigsten Herrscher; vgl. Lafuente, Hist. general de España lib. III, part. II, 275 und erfreute sich dieses Rufs schon gleich bei seinem Regierungsantritt; vgl. Diez, Leben und Werke, p. 389. C. de Vasconcellos, Geschichte der portug. Literatur, in Gröbers Grundriss der rom. Phil. II, 2, p. 173 zählt 19 Trobadors auf, die Alfonsens Hof besucht oder ihn als einen Maecenas in ihren Liedern gefeiert haben. Auch diese Strophe ist offenbar ironisch vom Dichter gemeint. Wenn er die allgemein bekannte und gerühmte largueza Alfonsens besonders hervorhebt, so will er ihm damit wohl nur einen Hieb versetzen, seine schwächliche Selbstlosigkeit verurteilen: freigebig ist der König, und zwar in der Weise, dass er sein Land verschenkt!
 
42. a sos ops no·n vol ges = „für sich (für seine Bedürfnisse) will er nichts von ihr (von der Begierde)“, d. h. er will nichts mit ihr zu tun haben.
 
44. Mal a partit. — Nach Milá, De los trovadores, p. 180 Anm. läge hier eine Anspielung auf das Jeu-parti vor, bei dem zwei Trobadors in der Regel über eine Frage der Galanterie diskutierten. Dies ist nicht zutreffend; partir heisst „teilen“. Die Stelle ist ironisch zu verstehen. Bernard hält es für selbstverständlich, dass man beim Teilen sich das Beste wählt.
qui ist wie des öfteren im Prov. Vertreter eines Kondizionalsatzes; vgl. Zenker, Folquet de Romans, p. 80; Tobler, Verm. Beitr., p. 99. Ebenso in v. 46. Auch nfr. zuweilen üblich; vgl. Plattner, Ausf. Gramm. Ergh. III. 2, p. 130.
 
49. Rics malastrucs. — Obliquus in der Anrede; vgl. die Anm. zu v. 2.
malastrucs hat hier nicht die eigentliche Bedeutung „unglücklich“, sondern die daraus abgeleitete von „schlecht, erbärmlich“; vgl Levy, Suppl.-Wrtb. V, 48, wo auch diese Stelle zitiert wird.
 
51. no·us pessetz menten mi alezer. — Alezer ist I. Pers. Praes. von alezerar; s. Raynouard, Lex. rom. IV, 58: charmer les loisirs, désoccuper; Levy, Suppl.-Wrtb. s. v. lezerar: „Zeit haben“. Bei den Verbis sentiendi tritt an Stelle des que-Satzes oft ein Hauptsatz ein.

 

 

 

 

 

 

 

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