2. salutz et amistatz. ― In dieser Verbindung begegnen die beiden Begriffe oft und bilden eigentlich die Grussformel, mit der das nach ihr benannte salut zu beginnen pflegte, s. De Lollis, Sord. zu XXXVI, I, wo auch unser Beispiel angeführt wird.
3. torn viatz. ― Die Stelle ist, wie viele andere, schon in der I und K gemeinsamen Vorlage verderbt gewesen. I schreibt torniatz, Kd tornniatz. Das Richtige liegt auf der Hand. Weitere gleiche Fehler der drei Hss. s. in den unter dem Text angegebenen Varianten.
4. Die Femininform li im nom. sing. begegnet zuweilen; sie ist auf ein *illí zurückzuführen, s. Stimming, B. de B.¹ zu 16, 10 und Schultz-Gora, Elmtb.² § 123.
5 . de pretz e de valor. – Tautologieen sind bei Pistoleta sehr zahlreich, so: ses cuitz e sens albire I, 7; tost e viatz V, 34; iratz ni marritz VI, 21; desir ni quier X, 4; guizardon ni esmenda X, 30; valer e servir X, 43; no·m membra ni·m sove X, 52; saber e conoisser X, 53-4; met e don XI, 52 u. a.
6. Ein ähnlicher Vergleich bei Montanhagol (ed. Coulet) III, 11: E vuelh qu’aissi·m don Dieus s’amor Com part l’aussor Vostre ricx pretz capduelha.
7 . certz, die Hss. cert. Die Hss. gestatten sich häufig die Unterdrückung des flexivischen s, wenn das folgende Wort wiederum mit s (so noch tota gent s’en te II, 10; qual sera VII, 26 ; me so = mes so X, 21 Var. T; ver sa domna XI, 20) oder überhaupt mit einem Zischlaute (v. 8 la genz; v. 22 tal iois) beginnt. Die Leys II, 184 billigen dieses Verfahren formell nur für das Adjektiv vor mit s anlautendem Substantiv, s. De Lollis, Sord. zu IV, 44 und M. Pelaez, Giorn. stor. XXIX, 357 zu v. 13.
ses cuitz hier im Sinne des senes crer gebraucht: ohne Bedenken, ohne jeden Zweifel, vgl. Schultz-Gora, Ztschr. XII, 275 zu v. 512-5. Ebenso sens albire:ohne Erwägen, ganz sicher.
albire, dire usw. – Über die unregelmässigen Formen auf ire im Reim s. Jeanroy, Bausteine 636, 9-11 und M. Pelaez, Giorn. stor. XXIX, 348 zu v. 19.
8. Der Sinn des Verses ist nicht ganz klar. Man könnte daran denken, l’agenz ver dire zu schreiben; dies wäre aber mit de mais ren non sai nicht gut vereinbar, weil vom Dichter zu unbescheiden. Es wird vielmehr las genz (s. vorige Anm. zu certz) zu schreiben und zu verstehen sein: In dem Masse gebe mir Gott ihre Liebe, wie ich sicher bin, dass ich weiss, dass die Leute von nichts Weiterem (so) wahr reden (wie von meiner Dame), wobei der Grundgedanke, von dem der Dichter ausgeht, unausgesprochen bleibt: Die Leute reden von meiner Dame so viel Gutes, dass es der Wahrheit nicht mehr zu entsprechen scheint. Diesen Gedanken hier vorauszusetzen, liegt nicht fern, da Pistoleta sich noch wiederholt auf das lobende Urteil der öffentlichen Meinung über seine Dame bezieht, vgl. v. 17 ff., II, 9 ff. und II, 22.
de mais ren. – Ebenso Appel, Chrest.4 Nr. 86, 16: e de may re non ay tan gran talan. mais ist hier attributiv aufzufassen; in dieser Verwendung begegnet es zuweilen, vgl. Bernhardt, N’At de Mons zu n, 746.
9. men. – Es liegt die bekannte, den romanischen Sprachen bei komparativer Konstruktion eigentümliche Verquickung zweier Gedanken vor: „länger habe ich geruht, als ich sollte“ und „weniger hätte ich ruhen sollen, als ich habe“. Man könnte auch mit K n’en schreiben, indem en sich auf estar bezöge. Vielleicht auch sind beide Formen, men wie nen, aus non verschrieben.
10. sia. – Die Hss. haben fälschlich sui statt des nach dem Verbum des Fürchtens erforderlichen Konjunktivs. Mit Einsetzung der richtigen Form sia wird zugleich die dem Verse fehlende Silbe gewonnen.
Mit patz ist hier die Zeit gemeint, während welcher sich der Dichter von seiner Dame schmollend zurückgezogen hatte.
11. pladeiar hier in der Bedeutung „wieder gut machen“; so zitiert Lex. IV, 549.
13. tempra „mässigt“ bezieht sich nicht eigentlich auf gran ricor in dem Sinne: mindert ihren hohen Wert herab, sondern auf das, was die zu erwartende Folge des gran ricor wäre, nämlich Stolz; der Sinn ist daher: ihre Bescheidenheit regelt ihren hohen Wert in seiner Wirkung auf die Mitwelt.
15. dona. – So ist das sinnlose domna der Hss. zu ändern.
La fai eslire. – Die Hss. laffan I, lafan Kd. Die Grammatik verlangt den Singular.
16. que·s vesta. – Die Hss. schreiben übereinstimmend que nesta,was keinen ordentlichen Sinn gibt. Ich ändere daher, allerdings unter willkürlicher Einschiebung des Reflexivpronomens, in que·s vesta, indem ich n als für u verlesen hatte.
se mire. – Die überlieferte Form sesmire ist wohl durch Kontamination mit dem ähnlichen se esmerar entstanden.
17. fan wird statt des handschriftlichen fai vom Plural des Subjekts gefordert.
18. lors. – Zur flektierten Form vgl. Levy, Gu. Figu. zu V, 28, Meyer-Lübke, Gr. II, 116 und Coulet, Montanhagol zu XIII, 3.
19 . a qualqe dir l’auiatz, - a qualqe ist Subjektsdativ, da der Infinitiv ein Objekt regiert; vgl. noch II, 22: so aug a tolz retraire. Weitere Fälle bei Stimming, B. de B.¹ zu 15, 9; siehe besonders Tobler, Verm. Beiträge I², 200 ff. und Schultz-Gora, Elementarb.² § 192. – Die Fassung dieses eingeschobenen Satzes ist nicht ganz korrekt. Die Verallgemeinerung sollte im Anschluss an das voraufgehende tol lo ben logisch nicht das Subjekt: „wer auch immer es sagen möge“, sondern das Objekt: „was auch immer jemand sagen möge“ treffen. In der vorliegenden Gestalt sinkt der Satz zum Lückenbüsser herab.
21-2. Die gleiche Wirkung rühmt Gaucelm Faidit von der Anmut seiner Dame, MG 466, 4: et es tan sos cors gays, |que·l auzelh chantador |s’en alegron pe·ls plays |e·n an gaug entre lor | e·n fan voutas e lays.
23 . gardatz de mi. – Über diese im Altprov. wie in allen älteren romanischen Sprachen so beliebte Konstruktion der hastigen Vorwegnahme eines Begriffes aus dem Nebensatz in den vorangehenden Hauptsatz zum Zwecke besonderer Betonung s. Stimming, B. de B.¹ zu IV, I; Schultz-Gora, Elementarb.² § 211 und Stroński, El. de Barjols zu III, 43-5, wo zahlreiche Beispiele für die verschiedenen Konstruktionsarten zusammengetragen sind. – Man unterscheidet zwei Arten proleptischen Verfahrens: Einmal, so im vorliegenden Falle, wird der vorweggenommene Begriff mit der Präposition de = „in Bezug auf“ verbunden; ist der Begriff zugleich Subjekt des Nebensatzes wie hier, so braucht er in diesem nicht mehr durch ein Pronomen besonders vertreten zu werden. Bei Pistoleta finden sich noch zwei weitere Beispiele dieser Art, VIII, 1-2: Manta gent fas meravelhar de mi quar no chant pus soven, und X, 37-8: que ben sabetz del domna . . . si vol amar. Die andre Art syntaktischer Attraktion besteht in der Voranstellung des Subjekts des Nebensatzes an die Spitze des Hauptsatzes, so gleich v. 25: Mas lo desir conosc qu’es grans follia, und ferner III, 35: q’altra non voill m’estregna; VII, 9-10: Tot . . . puosc ben proar qu’es vertatz; X, 1-2: un conseill vos deman que me·l dones. Besonders häufig aber werden adverbielle Begriffe in dieser Weise vorweggenommen: III, 24: a tort sai q’ofaria, und IV, 51-2: oimai sapchatz qe·us amarai.
si = „ob ich nicht“ (Schultz-Gora).
24. Dem Verse fehlen in allen drei Hss. dieselben zwei Silben. Meine Einfügung car [dir no] l’aus, die ich anfangs mit Hinblick auf die Häufigkeit dieser Beteuerungsformel bei den Trobadors (s. v. 32 und II, 23-4) auch hier vornehmen zu müssen glaubte, war wegen der dann notwendigen Änderung des folgenden ni in quez etwas gewagt. Diese Schwierigkeit wird vermieden bei der Ergänzung car [tan la] laus.
25. desir. – Das Schluss-e im handschriftlichen desire ist als im Verse überflüssige Silbe getilgt.
Wegen der Prolepsis s. Anm. zu 23.
26. Der Vers ist dunkel und anscheinend verderbt. Die erste Hälfte muss die aus dem vorhergehenden Verse gezogene Folgerung enthalten. IK schreiben car ia lon carg. Levy, der v. 25-8 wegen faidatz zitiert (Sw. III, 371), schlägt frageweise vor, lo·m carg zu lesen, was hiesse: „weshalb ich es (das Sehnen) mir auflade“. Das steht aber zu dem Vorhergesagten in keinem logischen Verhältnis. Am ehesten bringt hier vielleicht d Licht hinein mit seiner Änderung son carz, wonach zu übersetzen wäre: „Von dem Wunsche weiss ich, dass er eine Torheit ist (weil er nie erfüllt werden wird), weshalb ich fürwahr bedrückt bin.“ Ein Adjektiv carc oder carg (carz in d wohl verderbt aus carcs)ist zwar im Prov. sonst nicht zu belegen, vgl. aber ital. carico.
faidatz. – Diese Form begegnet nur an dieser Stelle. Rayn., Lex. III, 283 nimmt faidatz als Nebenform von fadatz. Levy, Sw. IH, 371 stellt in Frage, ob faidatz neben fadatz lautlich möglich sei, weist aber darauf hin, dass sich auch neben fadia ein faidia findet. Vielleicht ist faidatz Verbaladjektiv von einem *faidar, das zu dem von Levy, Sw. III, 378 angeführten und von Bartsch, Leseb. Gloss. „Mühe“, „Last“ gedeuteten faida,gebildet ist und die entsprechende Bedeutung „belastet“, „mit Kummer beladen“ hat; wenigstens finden sich die Stämme carg- und fais- öfters zusammen, so: Sordello di Goito (ed. De Lollis) XL, 605 . . . del fais qu’az autres vol cargar ; Bertran de Born (ed. Stimming¹) IX, 4 . . . ja mais no·m descargarai de·l fais; MG 87, 5; 330, 6; 334, 3 usw. Allerdings steht der Sinn, der sich dann ergibt, in Widerspruch mit der in VI, 25 ff, geäusserten Ansicht Pistoletas. Vielleicht auch beruht die Lesart mit i nur auf einem Schreibfehler in der Vorlage von IK, und ist dann die von Rayn. angenommene Bedeutung „bezaubert“, d. h. hier „im Banne der Liebe“, gelten zu lassen, welche ja zum folgenden qu’estiers mon grat volh vorzüglich passen würde. Einen Entscheid wage ich nicht zu treffen. Man vermisst an dieser Stelle das Zeugnis andrer Hss. besonders schmerzlich.
27. deu wird vom Sinn gefordert statt dei der Hss.
28. volh. – Die Hss. vol, Die I. Person wird vom Zusammenhang gefordert.
auria. – Der Konditionalis entspricht hier nicht dem Präsens volh, sondern einem dem Dichter wohl vorschwebenden, von ihm aber nicht zum Ausdruck gebrachten irrealen Bedingungssatz allgemeinen Inhalts. Der Dichter will sagen: Ich will das, was mir doch nicht in Erfüllung gehen würde, wenn auch alle möglichen dafür günstigen Bedingungen gegeben wären, d. h. was mir unter keinen Umstünden in Erfüllung gehen würde.
32. auia. – Die Hss. auz. Mit der richtigen von voill verlangten Konjunktivform erhält der Vers die ihm fehlende Silbe.
33 ff. Bemerkenswert ist hier wie in der Schlussstrophe des folgenden Gedichtes die Häufung lobender Prädikate auf Peter II. von Aragon, den hohen Gönner des Dichters. Man vgl. noch N’At de Mons (ed. Bernhardt) IV, wo die Lobeserhebungen Jakobs I. neun Verse lang durchgeführt werden, und Folquet de Lunel (ed. Eichelkraut p. 14), der in ähnlicher Weise Alfons X. von Castilien ein ganzes Gedicht widmet.
In syntaktischer Beziehung zitiert Stössel, Bilder und Vergleiche p. 10, v. 34-7 als Beispiel für ein aus einer Reihe von Doppelbildern gehäuftes Bild, in dem dasselbe tropische Substantiv bei jedem folgenden substantivischen Attribute wiederholt wird.
reis sens v. und v. 35 reis de d. – In bei den Fällen schreiben die Hss. rei. Diese Form erscheint zwar auch im Reime (siehe Loos, Nominalflexion, Ausg. u. Abhdl. XVI, 32). Doch habe ich hier das häufigere reis eingesetzt, zumal im ersten Falle auch der anlautende Sibilant des folgenden Wortes den Schwund des s in in der Schrift verursacht haben kann; vgl. Anm. zu v. 7; s. Auch VI, 6 und 7.
34. reis de gauz usw. – Zu diesem de in Verbindung mit einem Substantiv zur näheren Bestimmung eines vorangehenden andern s. Coulet, Montanlhagol zu II, 2; vgl. noch IV, 45: cort de gaug e de rire; vgl. auch den deutschen Sprachgebrauch: ein Mann von Ehre.
35. domnei. – Die Hss. domnes.
39. Der Vers hat in den Hss. eine Silbe zu wenig. Das Personalpronomen eu ist ergänzt.
40. Die richtige Silbenzahl ist durch Unterdrückung eines amic und sens verbindenden e gewonnen.
sai = hier, d. h. fern vom König von Aragon.
hom eservire „Vasall und Diener“, formelhafte Wendung, die die Trobadors sonst meist zur Bezeichnung ihrer dienstbaren Unterordnung unter die angebetete Dame setzten, so Pistoleta IV, 5. Weitere Beispiele s. bei O. Klein, Blacassetz zu X, 2. |